The Ballad of Buster Scruggs - Review | Netflix Original
Film,  Kritiken,  On Demand

THE BALLAD OF BUSTER SCRUGGS (2018)

Der neue Streich der Coen-Brüder

Mit THE BALLAD OF BUSTER SCRUGGS haben die Coen-Brüder nach TRUE GRIT (2010) wieder einen Western gemacht. Er ist ein Episodenfilm, also gewissermaßen eine Sammlung unzusammenhängender Western-Kurzfilmchen. In ihnen begegnet man allen archetypischen Westernmotiven, vom Duell auf der Hauptstraße über den Banküberfall und die Postkutschenfahrt bis hin zum Pokerspiel im Saloon. THE BALLAD OF BUSTER SCRUGGS ist ein Spiel mit diesen bekannten Szenarien, schön, um nochmal in die mythische Welt des Wilden Westens einzutauchen.

Wie der Titel schon sagt, sind diese Geschichten Märchen und Ballade und keine historischen Begebenheiten. THE BALLAD OF BUSTER SCRUGGS ist durchzogen mit dem so typischen makabren Humor der Coen-Brüder. Daher ist er schon aus diesem Grund für Coen-Fans ein Muss. Der Westerntrip durch mehrere Stories vereint außerdem viele bekannte Gesichter: James Franco, Tim Blake Nelson, Liam Neeson, Brendan Gleeson, Zoe Kazan, Tom Waits. Trotz dieser sehr positiven Aspekte fehlt dem Western aber etwas Wichtiges.

The Ballad of Buster Scruggs - Poster | Western auf Netflix

INHALT:

Sechs Geschichten, die voneinander komplett unabhängig sind, erzählen die Coen-Brüder in ihrem 132-Minuten langen Western. Jeweils eingeleitet und beendet werden diese einzelnen Kapitel durch das Bild eines Buches, in dem der Anfang und das Ende der Episode vorgelesen wird.

Die erste Episode: Die erste Geschichte handelt von dem singenden Revolverhelden Buster Scruggs (Tim Blake Nelson). Der sehr von sich überzeugte, herumwitzelnde Scruggs zieht durch die Gegend und Städte und duelliert sich mit anderen Cowboys. Er glaubt nicht, dass jemand besser sein kann als er, bis er einen Fremden in Schwarz trifft… Die kurze Story wird witzig, fast schon albern erzählt. Sie nimmt sich selbst nicht ernst, was hinsichtlich der expliziten Gewalt, die ganz locker dargestellt wird, auch nötig ist.

Die zweite Episode: Ein Cowboy (James Franco) möchte eine einsame Bank mitten im Nirgendwo überfallen. Der alte Kauz, der in der Bank arbeitet, ist aber um einiges gewiefter und verrückter als gedacht und schützt sein Gebäude mit allem, was er hat. Ein verrücktes und absurdes Filmchen ist dieser zweite Teil, um einiges witziger als der Einstieg des Films. Auch hier sorgt die makabre Gewalt für einige Lacher, bevor die Geschichte plötzlich endet. Es ist eine der besseren Episoden des Films, leider aber auch recht kurz.

Die dritte Episode: Ein Mann (Liam Neeson) fährt mit einem Wandertheater durch den Westen. Seine Attraktion: Ein Mann ohne Arme und Beine, der schauspielerische Texte von sich gibt. Der von Neeson gespielte Mann kümmert sich lieb um den Krüppel – bis er eines Tages auf eine bessere Möglichkeit stößt, Geld zu verdienen… die schwächste Episode des Films: Ohne jeglichen Witz dümpelt sie vor sich hin und der kleine Clou am Ende rechtfertigt kaum die vorangegangenen Minuten.

Die vierte Episode: Es passiert nicht viel in der vierten Geschichte. Ein alter Goldgräber (Tom Waits) kommt in ein wunderschönes Tal und beginnt, nach Gold zu graben. Es ist die schönste Episode des Films. Man sieht ihn eigentlich nur bei der Arbeit, doch es hat etwas Anrührendes, den alten Kauz voller Hoffnung auf Gold zuzusehen. Gleichzeitig kommt aber auch die Menschheitskritik durch, wenn der Mann in die unberührte Natur eingreift und die schöne Wildnis umgräbt. Am Schluss kommt dann auch noch etwas Action in diese sonst eher ruhige Episode.

Die fünfte Episode: Ein Wagentreck fährt nach Oregon. Mittendrin die junge, schüchterne Alice Longabaugh (Zoe Kazan), die mit ihrem Bruder reist. Als der Bruder ganz plötzlich an einer Erkrankung stirbt, steht Alice vor einem großen Problem: Dem Wagenführer wurden 400 $ für seine Arbeit versprochen. Doch Alice hat keine Ahnung, wo das Geld ist, denn ihr Bruder hat sich immer um alles gekümmert. Wie kommt sie jetzt mitten in der Wildnis an so viel Geld? Trotz der lockeren Erzählweise im Endeffekt eine sehr traurige Geschichte, die traurigste Episode des Films.

Die sechste Episode: In einer Postkutsche sitzen fünf sehr unterschiedliche Personen eng zusammengepfercht. Es dauert nicht lange, bis diese sehr verschiedenen Menschen mit ihren Meinungen aneinander geraten. Doch überraschenderweise geht es hier glimpflicher aus als in allen anderen Episoden des Films – oder etwa doch nicht?

FAZIT:

Die Bilder und die Motive in BUSTER SCRUGGS sind hervorragend. Man würde sich dahinter eine tolle Geschichte wünschen, die diese Bilder verdient. Doch allen Episoden fehlt eine Pointe. Die Geschichten fangen an und enden irgendwann plötzlich ohne festzustellende Systematik, aber trotz nicht abstreitbarer Unterhaltsamkeit einiger Szenen wirken sie recht leer, fast belanglos. So bleiben vereinzelt gelungene Momente, ein großes Ganzes entsteht dabei allerdings nicht.

THE BALLAD OF BUSTER SCRUGGS ist auf Netflix verfügbar.

von Benjamin Wirtz

Bewertung:

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Quelle: Pressematerial Netflix

Hey, ich bin angehender Cineast, großer Kinofreund und interessiert an jeder Art von Filmen. Deshalb steht in meinem DVD-Regal Godard neben Besson, die „Alien“-Box neben der Truffaut-Box, „Saw“ neben „Frau ohne Gewissen“ und „Panzerkreuzer Potemkin“ neben „2-Headed-Shark-Attack".

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