The Irishman - review | Netflix Drama
Film,  Kritiken,  On Demand

THE IRISHMAN (2019)

Ein Mammut-Werk für Kenner & Genießer

Man nehme Scorseses Elite, einen gelblichen Filter, viele Rückblenden und eine verstrickte Handlung mit dutzenden Charakteren. Natürlich basiert alles auf wahren Ereignissen und siedelt sich dicht an der amerikanischen Unterwelt an. Fertig ist THE IRISHMAN. Ein dreieinhalbstündiges Epos, das einmal mehr beweist: Verbrechen zahlt sich nicht aus – jedenfalls nicht für die meisten.

INHALT

Der einfach Kraftwagenfahrer Frank Sheeran (Robert De Niro) arbeitet für eine große Schlachterei. Sein Job, sein Leben ist ohne Perspektiven. Bis zu dem Zeitpunkt, als der Motor seines Wagens einmal mehr streikt und Frank zu einen Notstopp mitten im Nirgendwo drängt. Dort lernt er an einer Tankstelle Russell Bufalino (Joe Pesci) kennen. Dieser hilft Frank mit dem Wagen. Was Frank in dem Moment noch nicht ahnt: Er freundet sich gerade mit einem sehr einflussreichen Mann aus der Unterwelt an.

Über kleine Gefälligkeiten hinweg steigt Frank immer weiter auf, gehört bald zu den Gefragtesten in seiner zwielichtigen Zunft. Dann verschafft Russell ihm einen Job, der nochmal alles ändert: Frank wird zur rechten Hand des bekannten Gewerkschaftsführers Jimmy Hoffa (Al Pacino) und leitet schon kurz darauf eine eigene Gewerkschaftsabteilung. Doch die Methoden der Männer, um die eigene Macht zu festigen, sind fragwürdig. Und das FBI ermittelt bereits…    

FAZIT

Schaut man sich die Riege der alten Herren an, die Regisseur Martin Scorsese in THE IRISHMAN einmal mehr versammelt hat, ahnt man schon, dass dies wohl für sie ihr letztes Mal gemeinsam sein wird. Das Ensemble hat der Visionär, der Kreator epischer Mafiafilme groß gemacht…oder machten sie gar Scorsese unsterblich?

Dank moderner Technik gelingt es, die Herren zu verjüngen. Und so wirkt THE IRISHMAN aus der Zeit gefallen und wie eine Hommage an der goldenen Ära. Lange Dialoge, unzählige Charaktere, die eingeführt, abgeführt und abgemurkst werden, und eine puzzelartige Handlung, die sich selbst am Ende noch nicht vollends offenbart, bestimmen das Werk. Das alles bedeutet Arbeit. Eine Arbeit, die sich auszahlt. Denn wer sich auf die Handlung einlässt, versinkt in einen cleveren Ensemblefilm und vergisst für mehr als drei Stunden alles um sich herum.

Die Schauspielerriege brilliert hierbei in ihrem natürlichen Habitus. Solche Rollen machten Al Pacino, Joe Pesci, Robert De Niro, Harvey Keitel und Co. berühmt. Noch heute haben sie von ihrem Charme als zwielichtige Gestalten nichts verloren. Mehr noch strahlen sie eine Souveränität aus, der sich keiner entziehen kann. Für Joe Pesci ist es gar die Rolle seines Lebens.

Die Jahre der Erfahrung vereinen sich auch in der Art der Inszenierung. Scorsese weiß, wo seine Kamera zu sein hat, wen er wo wann in Szene setzen muss und in welchem Moment die passende Musik beginnen sollte, um die volle Wirkung zu entfalten. Manchmal sagen Blick mehr als Worte. Diese Kunst des Nichterzählens duelliert sich mit dem Drang, keine Details unkommentiert zurückzulassen. Das alles braucht Zeit. Zeit, die sich THE IRISHMAN bis zum Ausreizen gibt.

Diese Überlänge führt streckenweise zur Ermüdung, erschafft neue Arbeit fürs Publikum. Man tut gut daran, den Film in vier Teile, quasi als Serie, aufzusplitten. Dadurch verliert er nicht an Wirkung. Im Gegenteil: Solche Pausen helfen dem Zuschauer, neue Energie zu schöpfen. Zudem ist ein Second Screen hilfreich, um den historischen Kern aus der Fiktion zu filtern.

THE IRISHMAN ist nicht das beste Werk des Regisseurs, aber eine Ode an sein Wirken. Manchem mag der Stil zu altbacken sein und auch erfahrene Scorsese-Fans stoßen an ihre Grenzen. Doch große Filme sollten, ja müssen genau so aussehen. Schade, dass sie gerade durch Konservenblockbuster vom Aussterben bedroht sind. Und so lasst uns die Mafiahelden von einst genießen…one last time!

THE IRISHMAN steht bei Netflix zum Abruf bereit.

Bewertung:

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Quelle: Pressematerial Netflix

Moin! Ich bin der Filmaffe. Den Blog hab ich mir ausgedacht. Als Filmjunkie, Digital Native & Medienprimat ist mein natürlich Habitus der Bildschirm und alles, was sich darin befindet.

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