WANDAVISION (2021)
Hexe gründet Vorstadtfamilie
Da ist sie nun, die erste, richtige Serie des Marvel Cinematic Universe. Zugegeben: Mit AGENTS OF S.H.I.E.L.D. und AGENT CARTER gab es bereits zwei andere, doch der Hype möchte sie nicht mitzählen. Sei es drum, Fans freuen sich wie Groot über den Zünder einer Bombe auf die erste DisneyPlus-Serie aus Heldenhausen. Die kommt seltsam anders daher und entpuppt sich als Hommage auf die amerikanische Fernsehgeschichte.
INHALT
Wanda trauert. Zurecht, denn sie hat mehr als eine wichtige Person in ihrem Leben verloren. Ihre Eltern, ihren Bruder und nicht zuletzt Vision, ein Android geschaffen aus Jarvis, der hochentwickelten KI von Tony Stark (der Millionär in der Konservendose). Thanos, ein großer lila Außerirdischer, der das Universum retten will, indem er die Hälfte aller Lebenswesen auslöscht (ja, auch süße kleine Hündchen), nimmt Vision ein Steinchen aus der Stirn, das recht viel Macht besitzt. Das Ergebnis: Kopf Matsch, Vision platt.
Das ist jetzt schon eine Weile her. Für Wanda ein Tiefpunkt. Denn auch nach dem Sieg über Thanos fehlt dieser Teil ihres Lebens. Und so verschließt sie sich in eine Traumwelt, die wortwörtlich komisch daherkommt. Plötzlich führt Wanda ein heiles amerikanisches Vorstadtleben, das doch sehr viel Ähnlichkeiten mit TV-Sitcoms besitzt. An ihrer Seite: Vision. Na, sowas!
FAZIT
Die Serie in neun Folge ist eine Überraschung mit Ansage. Schon im Vorhinein wurde angekündigt, dass WANDAVISION eine Richtung einschlagen wird, die es so im Marvel Cinematic Universe (kurz: MCU) noch nicht gab. Wahrhaftig spielt die Serie frech mit unseren Erwartungen, indem sie sich zunächst als harmlose, fast belanglose Sitcom vergangener Jahrzehnte präsentiert. Wer darauf keine Lust hat, muss sich erstmal durch mindestens drei dröge Folgen kämpfen.
Und doch zeigt dieser Ritt durch die Fernsehgeschichte eine gewisse Leidenschaft für solche alten Serien. Mit jeder Folge widmet man sich einem anderen Jahrzehnt beginnend mit den 1960er Jahren. Die Details: Beeindruckend glaubwürdig. Eine schicke Idee, die für Abwechslung sorgt und sich penibel am altbackenden Stil der Zeit orientiert. Das weckt Kindheitserinnerungen.
Na klar, WANDAVISION übertreibt dabei in der Darstellung, aber das will und muss die Serie auch. Denn hier soll keine echte Welt abgebildet werden. Deswegen wird kein Sitcom-Klischee ausgelassen. Dieses Kokettieren macht viel Spaß. Doch es nutzt sich eben auch schnell ab. Man fragt sich: Wohin soll das führen?
Lange lässt uns die Serien im Dunkeln. Ist okay, denn die Belanglosigkeit der Traumwelt ist ja nur eine Erzählebene. Die bekannte Realität bleibt vorhanden: Parallel zur wandavisionären Show lernen wir Charaktere kennen, deren Namen ich wieder vergessen haben. Sie sind die Helden der Realität und auch genauso farblose, wie die Welt der Zuschauer: Eine Soldatin, ein FBI-Agent und eine technikaffine Wissenschaftlerin, die auch gut in einem aufgemotzen Jumbojet mit nach Haiti fliegen könnte. Alles irgendwo schon mal gesehen. Man nimmt diese Figuren mit, aber diese Serie gehört Wanda. Schauspielerin Elizabeth Olsen (der dritte Zwilling der Olsen-Schwestern…glaube ich) darf sich hier austoben. Und das nutzt sie aus. Spätestens jetzt will man mehr von dieser magischen Heldin sehen. Paul Bettany als Vision nimmt sich hingegen angenehm zurück, spielt gar eine naive Randfigur mit Erinnerungslücken, die an Lynchs TWIN PEAKS erinnert. Stattdessen rutscht Kathryn Hahn in den Fokus. Ihre nervigen Auftritte reißen mit und bringen die Story voran.
So wandelt sich glücklicherweise die seriale Schönwetterwelt in einen Vorstadtalbtraum. Denn offenbar werden hunderte Menschen ferngesteuert und kontrolliert. Sie sind gefangen und werden gezwungen, ein markloses Kleinstadtleben zu führen. Tragisch. Außerhalb dieser Welt arbeiten die farblosen Helden einer US-Behörde daran, die TV-Show abzusetzen. Nach dieser Erkenntnis wird die Serie endlich spannend. Es steht die Frage im Raum: Wer ist für diesen Wahnsinn verantwortlich? Etwa Wanda?
Aus der Sitcom entwickelt sich allmählich eine kranke MCU-Version von PLEASANTVILLE. Die schönen Ideen, Wendungen und Anspielungen hören trotzdem nicht auf. Gradlinigkeit in der Erzählweise stellt sich bis zum Ende nicht ein. Daumen hoch dafür! Bevor es zur Auflösung kommt, folgen weitere Überraschungen in der kunterbunten Wandatüte. Eine meiner Lieblingswendungen beschäftigt sich mit Wandas Bruder. Allein dafür hat sich die letzte Shoppingtour von Disney gelohnt. Herrlich!
Dann überschlagen sich die Ereignisse. Schurken treten auf und schwächeln. Leider möchte, ganz in der Tradition des MCUs, auch diese Serie mal wieder zu viel und scheitert an ihrem nicht inspirierenden Ende. Warum bietet man einem Gegenspieler schon wieder keine große Fläche? Warum schließt man eine Story nicht mal sinnvoll und zufriedenstellend ab? Nein, das MCU lernt nicht aus der Vergangenheit. Es muss alle seine Geschichten stets damit beenden, die Nächste aufzubauen. Ein Markenzeichen, das so ausgeluscht vorhersehbar ist, wie die ollen Sitcom-Klischee, die man persifliert.
Doch auch wenn die Übersättigung nach mehr als zehn Jahren langsam einsetzt, sind wir von einer Absetzung dieses Franchise noch weit entfernt. Eine Wahrheit ist so obligatorisch wie die Post-Credit-Szene, die natürlich auch diesmal den Fanboy in mir aktiviert. Und so stelle ich letztlich fest: WANDAVISION ist eine Parabel. Wir sind es, die sich wie Marionetten fernsteuern lassen. Unser Ziel: die nächste große Heldengeschichte – dann hoffentlich wieder im Kino.
Bewertung:
Quelle: Pressematerial Disney/Marvel
Ein Kommentar
Alex
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