Der Maori Genesis Potini (Cliff Curtis) hat eine bipolare Störung und kämpft seit Jahrzehnten gegen seine alltäglichen Dämonen. Genesis ist aber mehr als nur ein verrückter Mann, er ist ein Genie. Früher hat er Schachtuniere gewonnen. Das hilft ihm aber im Moment wenig. Nur mit Hilfe seines Bruders Ariki darf er überhaupt die Psychiatrie verlassen. Aber auch bei seinem Bruder, der Teil einer Maori-Gang ist, kann er nicht bleiben.
Er findet keinen Platz in der Welt. Das ändert sich, als er Zeit in einem Kinderschachclub eines alten Freundes verbringen darf. Die Kinder sind ebenfalls Maori und haben kaum eine Zukunft. Der Sinn des Clubs ist es, sie von der Straße zu holen. Genesis hat aber größere Ziele. Er will mit ihnen zu einer Schachmeisterschaft fahren. Mit seinem Traum steckt er dann auch noch Arikis Sohn Mana (James Rolleston) an, der eigentlich auch Gangmitglied werden und ganz bestimmt nicht Schach spielen soll.
FAZIT:
Ein Film, der auf einer wahren Begebenheit beruht, geht immer mehr ans Herz als wenn er komplett fiktional wäre. Das beweist auch DAS TALENT DES GENESIS POTINI. Ich wusste schon vorher, dass Genesis tatsächlich lebte und leider 2011 verstorben ist, das macht alles noch mitreißender als es sowieso schon ist.
Das heißt aber nicht, dass ich den Film schmälern möchte. Regisseur James Napier Robertson nimmt sich Zeit, die Geschichte von Genesis zu erzählen und das finde ich sehr schön. Lange Einstellungen und eine ruhige Kameraführung bieten dem Zuschauer genug Zeit die Stimmung und die Emotionen wahrzunehmen. Denn, nur weil die Bilder ruhig sind, heißt das nicht, dass die Spannung in manchen Szenen nicht zum Greifen ist. Das schwierige Verhältnis zwischen Genesis und seinem Bruder oder die Mitglieder der gewalttätigen Gang sorgen immer wieder für unvorhersehbare Momente. Das ist sowieso eine Stärke des Films. Im Vergleich zu vielen anderen Geschichten, passieren hier immer wieder Dinge, die ich nicht erwartet habe.
Ich könnte mich nicht erinnern, schon einmal einen neuseeländischen Film gesehen zu haben, schon gar nicht mit Maori. Maori sind die Ureinwohner Neuseelands. Viele Maori leben am Rand der Gesellschaft. Daher ist die Sozialkritik spürbar. Die Kinder haben keine Perspektiven und kein stabiles Umfeld. Die Kritik ist immer da, ohne jedoch zu aufdringlich zu sein.
Cliff Curtis (FEAR THE WALKING DEAD; seit 2015), einer der wenigen neuseeländischen Schauspieler, der sich international behaupten kann, porträtiert häufig arabische oder lateinamerikanische Charaktere. In DAS TALENT DES GENESIS POTINI darf er seine eigene Herkunft auf die Leinwand bringen. Auch die übrigen Schauspieler sind überzeugend. James Rolleston als Mana reißt den Zuschauer in seinen Bann, er verkörpert glaubwürdig den schüchternen Jungen zwischen zwei Welten. Wayne Hapi (Ariki) musste nicht lange suchen für Inspiration. Er selbst wuchs zwischen Gangs auf und verdient sein Geld als Straßenmusiker, vor DAS TALENT DES GENESIS POTINI hat er nie professionell geschauspielert.
DAS TALENT DES GENESIS POTINI läuft seit dem 16.06.2016 in den deutschen Kinos und ist eine filmische Überraschung aus Neuseeland. Definitiv kein Feel-Good-Movie aber ergreifend und absolut sehenswert.