In LOGAN fährt Hugh Jackman ein letztes Mal die Krallen aus: Regisseur James Mangold inszeniert einen blutigen, dramatischen Neo-Western in der mexikanisch-texanischen Grenzwüste. Melancholischen Gitarrenrhythmen untermalen einen stillen Heldenfilm um einen gebrochenen, desillusionierten Mann, dessen inneres Tier schwächelt, aber dessen Herz noch immer kräftig für die gute Sache schlägt.
INHALT:
2029: Als alter Haudegen einer aussterbenden Art sind seinen Taten Legenden. Er selbst wird jedoch mittlerweile vom Alter eingeholt: Logan (Hugh Jackman) war seit je her ein Einzelgänger. Als ihn Professor Charles Xavier (Patrick Stewart) in seiner Schule für begabte Kinder aufnahm, fand er eine Familie, die ihn von seinem einsamen Weg wegführte. Das liegt alles sehr weit zurück und von seiner neuen Familie ist heute nur noch sein Mentor übrig.
Xavier, der über ein telepathisches Gehirn verfügt, leidet ausgerechnet an Alzheimer und kann seine Kräfte kaum noch kontrollieren. Und auch Logans Selbstheilungskräfte haben ihre Wirkung beinahe verloren. Beide leben zurückgezogen an der mexikanischen Grenze und halten sich bedeckt.
Als sie dann aber auf das Mädchen Laura (Dafne Keen) treffen, das deutliche Ähnlichkeiten zu Logans Mutantenkräften zeigt, stehen sie vor einem letzten Scheideweg: Sollen sie ihr verstecktes Leben aufgeben und sich selbst gefährden, um diese Mädchen vor einer mysteriöse Organisation zu beschützen? Für Logan ist dies schon lange nicht mehr sein Kampf und doch kann der draufgängerische Sturrkopf seinen weichen Kern nicht ignorieren – erst recht nicht, wenn er weiß, was für ein Kind das ist.
Und so wird aus Logan ein letztes Mal Wolverine…
FAZIT:
Frei basierend auf dem Comic „Old Man Logan“ erzählt LOGAN von einer dystopischen Post-Mutanten-Welt. Es ist ein Setting, das erstmals eine Zeit zeigt, die sich nach den großen Heldentaten einordnet. Man merkt, dass das Superheldengenre, möchte man es als etwas Eigenständiges betrachten, beginnt langsam erwachsen zu werden. Es hinterfragt sich und seine Figuren und stellt sich der Kritik.
Die DARK KNIGHT-Reihe war hier ein erster Ansatz, SUPER! SHUT UP CRIME eine logische Auseinandersetzung und thematische Versatzstücke aus CIVIL WAR eine nötige Folgerung. Mit der brutalen Gewalt in DEADPOOL und der Härte in KICK ASS offenbarte das Genre, einen wahren Kern: Menschen sterben und Helden sind keine Götter.
LOGAN steht in dieser Reihe am Ende – oder vielmehr für den Anfang einer neuen Form von Superheldenfilmen. Es ist ein Einschnitt, dessen Ursprung bereits an dem unterbewerteten Film UNBREAKABLE liegt. Der Held ist schwach, wird verfolgt und steht in die Ecke gedrängt an einem Punkt, an dem er aufgegeben hat, an dem er wortwörtlich „zu alt für diesen Scheiß“ ist.
Der Sinn des jahrelangen vagabundieren als Vigilant wird in Frage gestellt: Für wen hat man eigentlich gekämpft? Hat man die richtigen Entscheidungen getroffen? Ist man gar selbst der Auslöser für all das Böse auf der Welt gewesen? Fragen, die wir aus BATMAN: THE DARK KNIGHT RETURNS bereits kennen, die uns aber in so einer Form noch nicht im Spielfilm begegnet ist.
Ungewöhnlich für einen Superheldenfilm überwiegt der Dialog. Auch dienen keine (oder kaum) große Städte als Handlungsspielort. Vielmehr sind es verlassene Straße, Wüstenregionen, Wälder und kleine Farmen. Hier werden keine Hochhäuser dem Erdboden gleich gemacht. Hier gibt es keinen übermächtigen Gegner, der die Welt unterjochen möchte. Nein, LOGAN setzt auf ein realistisches Setting in der nahen Zukunft, in dem nach wie vor Großkonzerne mit aller Macht versuchen, skrupellos ihren Reichtum zu vergrößern. Es ist ein düsteres Szenario ohne strahlende Helden mit wehenden Capes.
Optisch hält sich der Film in einem tristen Gelbbraun, das diese Stimmung gleichermaßen untermalt wie der melancholische Soundtrack, in dem vor allem Johnny Cashs Gitarrenrhythmen, die wir schon aus den Trailern kennen, hängenbleiben. Alles wirkt heruntergekommen, schmutzig und ungerecht. Ja, es gibt sie zwar noch, die Zivilisation. Doch sie hat sich grundlegend geändert: Die Macht des Stärkeren führt zu einem bisher ungeahnten Ungleichgewicht, dass sich wie ein giftiger Dorn tief in die Gesellschaft eingegraben hat – und doch nimmt vielen noch seinen gewohnten Lauf. Ein glaubwürdiger Kontrast, in dem die Jugend sich betäubt und die Älteren aufgegeben haben.
LOGAN ist ein Neo-Western, der das letzte Duell des Helden einläutet. Und dieses hat es in sich, denn der Held muss sich tatsächlich seinem größten Gegner stellen. Aber mehr sei an dieser Stelle noch nicht verraten. Für Hugh Jackman, in der prägendsten Rolle seiner Karriere, ist dieser Film ein würdiger Abschied und definitiv sein Opus Magnum als Wolverine geworden. Er (über)lebt den gebrochen Helden und zeigt eine in der Form nie dagewesenen Tiefe. Ein Blick in seine Augen verrät uns viel über das bewegende, aber auch schicksalsträchtige Leben dieses über hundert Jahre alten Mannes.
An seiner Seite spielt Patrick Stewart, nicht weniger eindrucksvoll, einen Professor, der stets das Gute wollte, ja einen Traum vom gemeinsamen Leben zwischen Menschen und Mutanten hatte, nicht immer die richtigen Entscheidungen traf und am Ende erleben musste, wie sein Traum in Blut und Rauch aufgelöst wurde. Das alles erfährt man auch hier nur aus Andeutungen sowie aus der Mimik und Gestik heraus. So viel schauspielerisches Gewicht, so viel Figurentiefe ist man in einem Film dieses Genres nicht gewöhnt. Ja, gerade diese stillen, reflektierenden Szenen erinnern mehr an einem cleveren, dramatischen Arthouse Film, als an einem actionlastigen Superheldenblockbuster.
Und doch absolviert LOGAN den Spagat zwischen diesen Genre ohne Probleme: So darf man sich auch auf Kämpfe und derbe Auseinandersetzungen freuen. Diese haben es von ihre plastischen Darstellung und Brutalität wirklich in sich – übertrumpfen sogar noch DEADPOOL. Ein Superheldenfilm für die ganze Familie ist das nicht – auch wenn oder gerade weil ein kleines Mädchen mit ihren Krallen ordentlich austeilt und sogar Köpfe rollen.
Um es kurz zum machen: LOGAN ist nicht der Superheldenfilm, den wir verdienen. Sondern es ist der Film, den ein Held über sich verdient. Unbedingt anschauen!
Zur Blu-Ray-Version:
Das Bild ist wirklich gestochen scharf (1920x1080p). Man sieht jede Pore und jede Falte von Old Man Logan. Der Sound ist schon mit zwei Boxen sehr klar. Sowohl die englische als auch die deutsche Tonspur kommt in DTS 5.1 daher. Wie üblich, ist die Englische obendrein auch in DTS-HD MA 7.1 zu haben. Die Extras bestehen vor allem aus geschnittenen Szenen, die ein Wenig mehr über die Geschichte im Film erzählen und durchaus sehenswert sind.
LOGAN läuft seit dem 02.03.2017 in den deutschen Kinos und ist ab dem 13.07.2017 auf DVD und Blu-Ray im Handel erhältlich.
Moin! Ich bin der Filmaffe. Den Blog hab ich mir ausgedacht. Als Filmjunkie, Digital Native & Medienprimat ist mein natürlich Habitus der Bildschirm und alles, was sich darin befindet.