Luis Buñuel verfilmte Benito Pérez Galdós‘ gleichnamigen Roman (von 1892) mit seinem späteren Stammschauspieler Fernando Rey und Catherine Deneuve in den Hauptrollen. Von der Kritik wurde TRISTANA hochgelobt und abgesehen von einigen spanischen Filmpreisen auch für den Oscar nominiert. Er gehört in Buñuels Schaffensphase zu seinem Alterswerk.
INHALT:
Nach dem Tod ihrer Mutter zieht die junge und unschuldige Tristana (Catherine Deneuve) zu ihrem Vormund Don Lope (Fernando Rey), der sie liebevoll aufnimmt und sich um sie kümmert. Doch schon bald empfindet Don Lope nicht nur väterliche Gefühle für die junge Schönheit, sondern wird zunehmend auch körperlich von ihr angezogen. Schließlich nimmt er sich Tristana zur Geliebten.
Tristana aber findet ihren Vormund/Liebhaber mit der Zeit immer abstoßender. Sie verliebt sich in den jungen Maler Horacio (DJANGO-Legende Franco Nero) und beginnt ein Verhältnis mit ihm. Don Lope droht ihr, sie umzubringen, wenn er jemals hinter ihre Untreue kommen sollte. Eines Nachts zieht Tristana mit Horacio heimlich weg. Doch schon zwei Jahre später kehrt sie in schwerer Krankheit wieder zurück.
FAZIT:
Vor allem die Schauspieler sind in TRISTANA beachtenswert. Die wunderbare Catherine Deneuve bezaubert auf der Leinwand. Sie kann sowohl überzeugend die junge Unschuld spielen als auch die diabolische, hasserfüllte Kratzbürste – die Wandlung ihrer Figur macht sie sehr stark deutlich. Am Ende ist Tristana ein völlig anderer Mensch als zu Beginn des Films. Ähnlich zwiegespalten ist Fernando Reys Don Lope. Rey spielt den vornehmen Mann, der für Tristana krankerweise sowohl Vater als auch Liebhaber sein will, überraschend einfühlsam. Auch wenn sein Handeln widerlich ist, stellt er ihn nicht als widerliches Monster, sondern als liebende Person dar. Und schließlich rundet Franco Nero das tolle Schauspielerensemble ab: Er verkörpert den jungen Grobian absolut cool und als passenden Gegensatz zu der Figur Don Lopes.
TRISTANA ist kein schneller Film. Wer mit Luis Buñuels Werk allgemein nichts anfangen kann, wird hier nicht zufrieden gestellt werden, auch wenn TRISTANA geradlinig ist und nicht so surreal anmutet wie etwa DAS GESPENST DER FREIHEIT (lediglich einen kleinen Ausflug ins Surreale gestattet sich TRISTANA in einer Traumsequenz, wenn in der Kirchenglocke anstelle eines Klöppels der Kopf Don Lopes zu sehen ist). Der Film lässt sich viel Zeit für seine Figuren, trotzdem bietet er einen gefühlsmäßig distanzierten Blick auf die Charaktere und auf die Gesellschaft. Er nutzt die tragischen und dramatischen Ereignisse der Story nicht aus, um aus ihnen ein sentimentales Melodram zu machen. Vielmehr analysiert er die gesellschaftlichen Verhältnisse und Abhängigkeiten.
TRISTANA erscheint am 03. Mai 2018 bei STUDIOCANAL auf DVD und Blu-ray.
Hey, ich bin angehender Cineast, großer Kinofreund und interessiert an jeder Art von Filmen. Deshalb steht in meinem DVD-Regal Godard neben Besson, die „Alien“-Box neben der Truffaut-Box, „Saw“ neben „Frau ohne Gewissen“ und „Panzerkreuzer Potemkin“ neben „2-Headed-Shark-Attack".