Kinokritik,  Kritiken

KILL BILLY (2016)

Kidnapping auf Skandinavisch

Fast zwei Jahre hat es gedauert, bis die schwedisch-norwegische Ko-Produktion KILL BILLY in die deutschen Kinos kam. In der Heimat ein Hit, ist der Krimi hierzulande eher als Buch (‚Ein ehrliches Angebot‘ von Frode Grytten) bekannt. Ob das skandinavische Kino bei uns effekt-verwöhnten Kinogängern gut ankommt, erfahrt ihr indem ihr weiterlest.

INHALT:

Kill Billy

Mehr als 40 Jahre lang führt Harold (Bjørn Sundquist) gemeinsam mit seiner Frau Marny (Grethe Selius) sein Möbelgeschäft „Lunde Furniture“ in Norwegen. Der Ruf ist hervorragend, die Geschäfte laufen. Bis der Möbelriese IKEA eine neue Filiale direkt gegenüber eröffnet. Keine 6 Monate später muss Harold seine Türe schließen, Marny verstirbt und das Haus geht an die Bank.

Fortan verfolgt Harold nur noch ein Ziel: Er muss den IKEA-Chef Ingvar Kamprad (Björn Granath) entführen. Also schnappt er sich eine Pistole von seinem dauerbetrunkenem Sohn Jan (Vidar Magnussen), setzt sich in seinen klapprigen SAAB und macht sich auf nach Schweden. Unterstützung bekommt er von der jungen Ebba (Fanny Ketter).

FAZIT:

KILL BILLY bringt alles mit, wofür der typisch skandinavische Film bekannt ist: Landschaftsaufnahmen, schwarzen Humor und viele ruhige Passagen. Aber der Film macht eines richtig: Er kommt schnell zur Sache, spart viel an Leerlauf und nimmt sich trotzdem Zeit für seine Charaktere. Bereits nach 85 Minuten läuft der Abspann, und doch kommt es einem so vor, als hätte man eine tolle Zeit mit Harold gehabt.

KILL BILLY lebt eindeutig von seinen Protagonisten und seiner Situationskomik: Die Darsteller und die Dialoge sind sympathisch wie zynisch. Zugegeben, die Story ist ziemlich simpel, bringt aber viele Möglichkeiten. Da hätten wir das Duell Norweger gegen Schweden, Kleinbürger vs. Kapitalisten, Qualitätsware gegen massentauglichen Billigramsch. Das gibt viel Potenzial, und doch hält sich KILL BILLY nicht zu lange damit auf.

Viel mehr widmet sich der Film den Hintergrundgeschichten der Personen, die alle ein mehr oder weniger tragisches Schicksal in ihrem Mikrokosmos haben. Bei Harold zum Beispiel läuft alles den Bach herunter: Erst verliert er das Geschäft, dann erkrankt seine geliebte Marny an Alzheimer und verabschiedet sich mit mehr oder weniger freundlichen Worten aus dem Leben, der Selbstmord per Anzünden misslingt aufgrund einer Sprinkleranlage und das Entführungsopfer hört einfach nicht auf zu reden.

Die junge Ebba muss sich währenddessen mit ihrer alkoholkranken Mutter herumschlagen. Es geht hier nicht um Action oder Thrill, sondern Einzelschicksale und Situationskomik. Auch die Darstellung vom IKEA- Boss Kamprad ist sehr gelungen. Neben der äußeren Ähnlichkeit macht sich KILL BILLY auch über die typischen Klischees lustig. Oft wird Bezug auf seine mutmaßliche NS- Vergangenheit genommen, gerne macht man sich über seine scheinbar bescheidene Arbeitsweise lustig. Ob er aber nun Economy oder Business-Class fliegt, ist Harold aber ziemlich egal. Zwei alte Männer, der eine verbittert, der andere reich, geben sich die Klinke in die Hand.

Wie die Geschichte schlussendlich aufgelöst wird, ist dann nur noch Nebensache. Was bleibt, sind urkomische Situationen und die Familie. Denn die kann man sich dann doch nicht kaufen.

von Salih Yayar

Bewertung:
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Quelle: Pressematerial NFP marketing & distribution 2016

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Hey, ich bin Salih, 28 Jahre alt, kinosüchtig und Serienfreund. Große Epen, Sci-Fi und Independent sind mein Ding - also eigentlich alles. Und wenn ich nicht gerade über Multimedia oder Politik diskutiere, versuche ich selber mal etwas auf die Leinwand zu zaubern. Meistens kläglich.

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