Kiss the cook - Filmkritik
Film,  Kinokritik,  Kritiken

KISS THE COOK – SO SCHMECKT DAS LEBEN (2015)

Köstliches Feel-Good-Movie der besseren Art.

INHALT: Kiss the Cook_poster_small

Der begabte Chefkoch Carl Casper (Jon Favreau) zählte jahrelang zu den besten Köchen von Los Angeles. Als der Besuch eines wichtigen Blogkritikers (Oliver Platt) im Restaurant bevorsteht, entwickelt Casper mühsam ein kreatives Feinschmecker-Menü, das den Kritiker begeistern soll. Doch Restaurantbesitzer Riva (Dustin Hoffman) geht dazwischen und verbietet jede Neuerung: Nur die bewährten, wohlbekannten Speisen sollen aufgetischt werden.

Der Kritiker verreißt das Essen von Carl Casper, weil ihm genau diese gleichbleibende Eintönigkeit missfällt. Ihm fehle es bei Caspers Essen an Einfallsreichtum und Kreativität. Tief verletzt und wutentbrannt liefert sich Casper erst mit dem Kritiker einen Krieg via Twitter und dann einen eskalierenden Streit mit Riva. Währenddessen versucht Caspers Ex-Frau (Sofía Vergara), ihn zu überreden, sich mit einem Imbisswagen selbstständig zu machen, und sein zehnjähriger Sohn (Emjay Anthony) hofft verzweifelt, dass sein Vater mehr Zeit mit ihm verbringt.

FAZIT:

Der Titel des Films klingt nach einem Koch- und Liebesfilm. Zunächst einmal ist KISS THE COOK – SO SCHMECKT DAS LEBEN aber eine würzige Komödie, die sich in der zweiten Hälfte zu einem Roadmovie entwickelt. Dabei ist sie durchgehend so unterhaltsam, witzig und einfallsreich, wie man es nur selten im Mainstream-Kino findet. Sie ist perfekt inszeniert, manchmal etwas derber, meist geschmackvoll, und immer mit genauem Gespür für Komik, aber auch für herzlich warme Momente und einfühlsame Charakterzeichnung. Der rasante, oft harte und plötzliche Schnitt sorgt für eine einzigartige Atmosphäre und bietet unzählige Cutaway-Jokes. Besonders in den vielen Kochszenen zeigt die Montage eine starke Vielfalt, die die Szenen nie langweilig oder eintönig werden lässt.

Vor allem die Charaktere sorgen dafür, dass der Film fesselnd und unterhaltsam ist. Der Zuschauer hat sie alle schnell zum Fressen gern, denn sie haben das gewisse Etwas an sich, sind sympathisch und ausnahmslos glaubhaft dargestellt. Das beginnt bei den Nebenrollen, die einen Star-Cast vorweisen können: Robert Downey Jr. (IRON MAN 3; 2013), Scarlett Johansson (LUCY; 2014) und Dustin Hoffman – wobei vor allem Letzterer wie immer unglaublich präsent ist. Aber auch die Protagonisten versprühen einen bezaubernden Charme. Jon Favreau, gleichzeitig Regisseur des Films, verkörpert den Koch einmalig köstlich. Er spielt Carl Casper als freundlichen Kerl mit einigen Macken, bei dem sich alles im Leben ums Essen und Kochen dreht. Als einen Perfektionisten, der ein Sandwich, das auch nur ein wenig angebrannt ist, nicht serviert, auch wenn es für einen nicht-zahlenden Gast vorgesehen ist. Als jemanden, der über dieser Obsession viele wichtige Dinge im Leben, wie seinen Sohn, vernachlässigt, sich dies aber nur schwer eingestehen will. Die Leidenschaft, die Casper beim Kochen empfindet, überträgt Favreau ohne Mühe auf den Zuschauer – selbst, wenn der Zuschauer überhaupt nichts mit Kochen anfangen kann.

Zugegeben, viele Teile der Story sind im Kino schon tausendfach aufgewärmt worden: Geschiedener Mann kümmert sich wegen seines Jobs zu wenig um seinen Sohn und entwickelt sich während des Films auf einem Selbstfindungstrip zu einem tollen Vater (und eventuell auch Ehemann) – diese Grundpfeiler sind beinahe schon toterzählt. Doch KISS THE COOK – SO SCHMECKT DAS LEBEN macht die Scheidungsgeschichte und den Vater-Sohn-Konflikt auf neue, sympathische Weise interessant und unterhaltsam, nicht zuletzt wegen der anregenden Charaktere. Auch die Werte, die Carl Casper im Laufe des Films wiederfindet – Familie, Freiheit, das Leben seines Traumes –, sind typisch für konventionelle Hollywood-Komödien. Doch auch diesen Aspekt stellt KISS THE COOK in ein neues, sympathisches Licht. Da verzeiht man ihm leicht die paar Prisen Kitsch und das übertriebene Happy-End.

Doch natürlich geht es in dem Film vor allem ums Essen, genauer um die Essenszubereitung. Es gibt unzählige Kochszenen, die dem Zuschauer das Wasser im Munde zusammenlaufen und ihn die Liebe zum kulinarischen Essen spüren lassen. Die verschiedenen Kochsequenzen sind unterschiedlich inszeniert, meist als eine Montagesequenz in rasanter Geschwindigkeit, aber immer die Gefühlsregungen der Charaktere widerspiegelnd: mal glücklich, mal verzweifelt, mal erotisch aufgeladen. In einer Szene erfährt die verführerisch dreinblickende Scarlett Johansson nicht durch den vom Zuschauer erwarteten Sex die Befriedigung, sondern durch die liebevoll zubereitete Speise.

KISS THE COOK überzeugt nicht nur in den Essens- und Kochszenen. Die Idee, virtuelle Nachrichten in das normale Filmbild einzubauen, wie man es etwa schon im Actionthriller NON-STOP (2014) gesehen hat, nimmt KISS THE COOK auf und führt sie weiter, indem er ganze Tweets und Twitter-Seiten im Hintergrund des Bildes zeigt. Das ist nicht nur visuell beeindruckend, sondern verleiht den Szenen zusätzlichen Witz. Auch weicht der Film oft von der genretypischen, konventionellen Darstellung ab. Etwa als Carl Casper öffentlich ausrastet und eine für dieses Genre typische Moralpredigt hält: Die Rede ist ergreifend und soll den Zuschauer ansprechen. Gleichzeitig sieht man im Hintergrund die Umstehenden ihre Handys zücken und hochhalten, wobei man sicher sein kann, dass dieser Ausraster im Internet landen wird. Die ergreifende Rede wird relativiert und mit Komik garniert.

Wie man allerdings auf die Idee kommen konnte, aus dem Originaltitel CHEF den abwegigen deutschen Verleihtitel KISS THE COOK – SO SCHMECKT DAS LEBEN zu machen, ist unbegreiflich. Nicht nur, dass wieder mal ein englischer Titel durch einen englischen ersetzt wurde – er weckt auch noch Klischee-Erwartungen, die dem Film in keiner Weise gerecht werden. Wichtig ist: Nicht durch den sinnfreien Titel abschrecken lassen! Dieser Film ist ein Menü der Extraklasse! Bon appetit!

Die Feel-Good-Komödie KISS THE COOK – SO SCHMECKT DAS LEBEN startet am 28.05.2015 in den deutschen Kinos.

von Benjamin Wirtz

Bewertung:
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Quelle: Pressematerial Koch Media 2015

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Hey, ich bin angehender Cineast, großer Kinofreund und interessiert an jeder Art von Filmen. Deshalb steht in meinem DVD-Regal Godard neben Besson, die „Alien“-Box neben der Truffaut-Box, „Saw“ neben „Frau ohne Gewissen“ und „Panzerkreuzer Potemkin“ neben „2-Headed-Shark-Attack".

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