Zapping Deutschland #2: Welcher Zapp-Typ bist Du?
Ob Not gedrungen, aus langweile oder wohl bewusst, wir alle machen es und erwischen uns dabei, unsere Zeit am Fernseher zu vergeuden, indem wir – die Fernbedienung fest mit der Hand umschlossen – durch die Senderlandschaft schalten, ohne irgendwo länger als zwei Minuten hängen zu bleiben. Doch warum tun wir das? Warum ist zappen zu einem Volkssport oder gar zu einem chronischen Leiden und einem First-World-Problem geworden?
Es liegt an uns. Wir können nicht anders, sind ruhelos und sehnen uns nach ein wenig Ablenkung. Doch das TV-Programm meint es nicht gut mit uns. Wir finden nichts oder wollen nichts finden, weil wir uns gar nicht an eine Sendung alleine binden lassen. Einst haben wir uns nach Vielfalt gesehnt, nun können wir uns nicht mehr entscheiden – schlimmer noch: uns ist der Unterschied im TV-Programm gar nicht mehr bewusst. Wir kehren alles über einen Kamm und schreien nach noch mehr Vielfalt, obwohl wir uns schon jetzt nicht mehr entscheiden können.
Grundsätzlich lassen sich für den Filmaffen genau fünf Zapp-Typen festmachen, die alle auf ihre Art und Weise zappen. Sie unterscheiden sich in ihrer Motivation, wie auch in ihrer Intention, obwohl sie im Grunde alle dasselbe machen: nichts im Fernsehen finden.
Der Nörgler: „Es läuft nichts!“
Auf dem Weg zur Entspannung kann aus einem gemütlichen Fernsehabend schnell eine abendliche Odyssee werden: Schon drei Mal wurde das komplette Fernsehprogramm nach Möglichkeiten oder wenigstens nach Kompromissen durchforstet, die es wert sind, dass man sie – und sei es auch nur für einen kurzen Moment – anschauen könnte. Doch es läuft einfach nicht.
Kein Wunder! Denn der Nörgler unter den Zappern möchte auch nichts finden. Er betrachtet das große Ganze und ist mit der Gesamtsituation unzufrieden. Für ihn war das Fernsehen früher einfach besser und von dieser Meinung lässt er sich nicht abbringen. Wohl in dem Wissen, dass er für sich nicht an diesem und auch an den Folgeabenden nichts finden wird, schaltet er dennoch ein, um meckern zu können.
Der Unentschlossene: „Unterhalte mich!“
Zappen ist auch eine Form des Fernsehens. Zappen ist zu einer fortgeschrittenen Form des beiläufigen Fernsehkonsums geworden. Aber es ist eine bewusste Form. Viele nutzen das Fernsehen wie Radio. Sie wollen etwas hören und sich dadurch nicht alleine fühlen.
Wer jedoch zappt, der interagiert mit dem Fernsehprogramm. Und doch will er sich nicht festlegen, sondern die in die breite Vielfalt eintauchen. Der Unentschlossene ist sich seines Konsum durchaus bewusst. Sein Ziel ist es, sich berieseln zu lassen, ohne tief in eine Thematik einsteigen zu müssen. Er betrachtet sich als frei und souverän, denn der Unentschlossene betrachtet ohne hinterfragen zu müssen. Er zieht einzig die kurzweilige Unterhaltung aus dem TV-Programm heraus, nur um dann wieder den Kanal zu wechseln, wenn ihm die Langeweile überkommt, oder er selbst merkt, dass er sich zu sehr von der Sendung hat einfangen lassen.
Der Frustrierte: „Kenne ich schon!“
Man will etwas sehen, doch das, was läuft und man eigentlich gerne schaut, ist schon bekannt. Ein TV-Programm ohne Wiederholungen ist jedoch nicht nur unmöglich, sondern auch im Grunde gar nicht Sinn der Sache, immerhin erhalten so viele Menschen überhaupt erst die Gelegenheit zum Konsum bestimmter Sendungen und Serien.
Wenn sich jedoch die Wiederholungen häufen und das Bekannte gegenüber dem Unbekannten überwiegt, stellt sich Frust ein. Der frustrierte Zapper ist oft ein Power-Konsumer. Er kennt sehr viele Serien und braucht ständig neuen Input. Erhält er ihn nicht, schaltet er sogar bei seinen Lieblingsserien um und sucht verzweifelt nach dem Neuen ohne es zu finden. Seine Form von Zappen ist bedingt durch seine Konsumsucht, die er nicht befriedigt bekommt.
Der Resignierte: „Warum guck ich mir das überhaupt an?“
Dieser Zapp-Typ geht es nicht darum, meckern zu wollen oder gar bestimmte neuen Serien zu schauen. Er guckt Fernsehen, um des Guckens Willen. Wenn er jedoch nicht das passende findet, dann resigniert er schnell. Weil der Resignierte „mitspielt“, muss er bei seinem Fernsehkonsum gar nicht so häufig zappen, wie die anderen Zapp-Typen.
Resignation stellt einen geistigen Kollaps des klassischen CouchPoataos dar, der nicht mehr tiefer sinken kann und deswegen genau an dem Programm hängen bleibt, dass er am meisten verachtet. Warum tun sich die Zuschauer dieses Martyrium überhaupt an? Sie wollen mitreden, doch noch viel mehr wollen sie besser sein, als das, was im Fernsehen gezeigt wird. Denn wenn das Fernsehen nicht unterhalten kann, muss man sich selbst unterhalten. Und dass geht am besten, indem man über eben das Medium, von dem man nicht los kommt, ablästern kann. Der Resignierte ist ein Perfektionist im Lästern. Er macht einfach bei dem TV-Programm mit und hat einen Galgenhumor entwickelt. So zappt er bewusst zwischen den Sendungen hin und her, die in der breiten Öffentlichkeit eigentlich niemand vorgibt zu sehen.
Der Spieler: „Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt!“
Die hohe Kunst des Zappens besteht darin, in den richtigen Momenten umzuschalten. Wer dies beherrscht, der verknüpft geschickt die Sender und Fernsehsendung miteinander. Dadurch können komische Dialoge und skurrile Situationen entstehen, die wiederum den Unterhaltungswert bieten, den einzelne Sender und Sendung nicht vermögen können.
Der Spieler hat sich diese Fähigkeit angeeignet und damit als Einziger einen tatsächlichen, realen Genuss am Zappen entwickelt. Wer diesen Zapp-Typen in sich vereinigen kann, dem macht der TV-Konsum auch in der heutigen Zeit tatsächlich Spaß.
Jetzt seid Ihr dran: Erzählt dem Filmaffen, welcher Zapp-Typ Du bist. Oder reagierst Du beim Zappen sogar ganz anders? Hilf dem Filmaffen, diese Liste zu erweitern.