DVD & Blu-Ray,  Kritiken

BOYHOOD (2014)

Ein Film, der reift.

INHALT:

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Mason Jr. (Ellar Coltrane) lebt mit seiner Schwester Samantha (Lorelei Linklater) und seiner Mutter Olivia (Patricia Arquette) in einfachen Verhältnissen. Da das Geld zum Leben nicht ausreicht und auch der in Kanada lebende Vater Mason Sr. (Ethan Hawke) nur sporadisch seinen Unterhalt bezahlen kann, muss die kleine Familie nach Huston zur Großmutter umziehen. Dort fängt Olivia wieder an zu studieren und beginnt eine Affäre mit ihrem Professor.

Kurz darauf heiraten sie ihn und zieht mit ihren beiden Kinder bei ihm und seine zwei Kindern ein. Doch das Eheglück währt nicht lange, denn der vornehme, gebildete Professor zeigt sich als krankhafter Trinker, der seine Familie terrorisiert. Olivia verlässt ihn und Mason und seine Schwester müssen einmal mehr ihr gewohntes Umfeld verlassen – und es sollte nicht das letzte Mal sein…

FAZIT:

Der Zuschauer begleitet Mason und seine Familie in einem Zeitraum von etwa 10 Jahren. Es ist eine Zeit ohne eine richtige Konstante. So zieht die Familie mehrfach um und laviert zwischen Geldnot und einem Leben im Wohlstand. Die Mutter scheitert währenddessen an gleich zwei Ehen, schafft es jedoch sich beruflich in die Upper-Class hochzuarbeiten. Der leibliche Vater hingegen taucht immer wieder unregelmäßig auf, ist gleichzeitig ein Fremder, wie er ein enger Vertrauter und Lebensberater von Mason ist.

Mason entwickelt sich in dieser Zeit von einem unschuldigen Jungen, zu einem introvertierten, nachdenklichen Jugendlichen, der gerne fotografiert, das andere Geschlecht zu schätzen lernt und sich mit den typischen Phasen eines Heranwachsenden auseinandersetzen muss, während sein Umfeld ständigen Veränderungen unterlegen ist.

BOYHOOD ist ein geradliniger Film ohne Umwege, der in Episoden über einen heranwachsenden Jungen und seiner unsteten Familie erzählt. Die Episoden sind Teileinblicke, die sich oft nur über wenige Tage und Wochen erstrecken, jedoch nicht aus dem Zusammenhang gerissen werden, sondern wohl gewählt miteinander verknüpft wurden und ein stimmiges Gesamtbild über den Prozess und die Entwicklung einer typisch-tragischen Familiengeschichte mit all ihren Höhen und Tiefen geben.

Der Clou an der Geschichte in BOYHOOD ist die ungewöhnliche Art der Produktion. Denn das Filmteam hat sich tatsächlich über einen längeren Produktionszeitraum jedes Jahr für ein paar Tage und Wochen zusammengefunden, um an BOYHOOD weiterzudrehen. So wird die Entwicklung der fiktiven Protagonisten schon äußerlich an den Alterungsstufen der Schauspieler deutlich. Dadurch erhält der Film eine authentische Note, die in Spielfilmen in dieser Form bisher noch nie so konsequent durchgesetzt wurde. So wurde BOYHOOD nicht nur zu einem Abbild, sondern zu einem Spiegelbild des Lebens und erreicht durch diese Tatsache als einer der ersten Spielfilme wirklich das selbsterklärte Ziel des Films in seiner reinsten Form.

Die Übergänge zwischen den Jahren sind fließend, fast unmerklich, werden jedoch durch die tatsächlich optische Veränderung der Protagonisten deutlich. Tatsächlich ist die Grundhandlung in ihrer Form ein Standardsetting, das in ein neues Gewand gepackt wurde und ohne Übertreibung oder überspitzten Storytwist daherkommt. Dieser Erzählstil korrespondiert mit den optischen Veränderungen der Protagonisten und sorgt für eine Handlung, die sich trotz bekannter Bausteine anfühlt, wie aus dem wahren Leben gegriffen und nicht von professionellen, viel zu routinierten Drehbuchschreibern künstlich zusammengesetzt.

Leider scheitert der Film an seinem Abschluss. Denn so beiläufig und lebensnah die meisten Szenen des Films sind, so unprätentiös kommt auch das Ende daher. Es passiert einfach. Das an sich wäre nicht so schlimm – ist bei diesem Film sogar angebracht. Doch der Film scheint bei seiner mehr als zweieinhalb Stunden Gesamtlänge kein Ende finden zu wollen. So verpasst BOYHOOD viele gute Momente für einen Ausstieg und zieht sich in den letzten 30 Minuten künstlich in die Länge. Das ist sehr schade.

Die musikalische Untermalung des Films überzeugt durch nachdenkliche Balladen namhafter Indie-Bands und fügt sich ideal in die bedeutungsschwangere Stimmung des Films ein. Reinhören in den Soundtrack lohnt sich in jedem Fall.

BOYHOOD ist ein ambitioniertes Projekt, das einen anderen Weg des Filmemachens eingegangen ist. Denn keine Deadline hat den Film dazu gezwungen sich entwickeln zu müssen, vielmehr reift dieser Film im wahrsten Sinne des Wortes.

Das mehrfach Oscar-nominierte Coming-of-Age-Drama BOYHOOD ist seit dem 06.09.2014 auf DVD und Blu-Ray im Handel erhältlich.

Von Jörg Gottschling

Bewertung:
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Quelle: Pressematerial Universal Pictures 2014

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