Der Dokumentarfilm Capital C stellt drei Projekte vor, die erfolgreich durch Crowdfunding realisiert wurden: Brian Fargo hat über zwanzig Jahre versucht, eine Fortsetzung seines 80erJahre-Videospiels „Wasteland“ finanziert zu bekommen. Doch alle großen Unternehmen haben sein Projekt abgelehnt. Jetzt endlich wird er durch Crowdfunding von seinen Fans unterstützt. Zach Crain entwickelt gestrickte Überzieher für Trinkflaschen. Seine Firma konnte er nur mit finanzieller Unterstützung einer Crowd gründen. Jackson gestaltet neben seinem richtigen Job Spielkarten und verwirklicht damit seinen Traum. Auch er finanziert dieses Projekt durch Crowdfunding.
FAZIT:
Zunächst einmal: Crowdfunding ist in der Tat eine Entwicklung, die die Arbeit vieler Künstler verändern wird und die viele Vorteile bietet. Doch das Bild, das CAPITAL C entwirft, ist geschönt und utopisch. Das bemerkt man schon zu Beginn des Films, als die Welt als eine Welt beschrieben wird, in der jede Person tolle Ideen hat, die unbedingt umgesetzt werden müssen, und dass Crowdfunding endlich diese ganzen Ideen realisiert. Klingt schön, aber –Hand aufs Herz – ist die Welt wirklich so?
CAPITAL C erscheint oft wie ein Werbefilm fürs Crowdfunding. Schlaue Leute sprechen ihren vorbereiteten Text unter pathetischer Musik in die Kamera und wollen verdeutlichen, welche Möglichkeiten und Potentiale diese neue Art der Finanzierung bietet. Dabei sagen sie selten inhaltlich etwas Neues, sondern wiederholen die Hauptaussage, zwar anders geschmückt aber sinngemäß gleich, immer wieder: Die Welt ist vernetzt, Crowdfunding hat das Potential, unbekannte Ideen zu fördern und das Leben der Menschen zu verändern.
Sowieso scheint das Wort „pathetisch“ über dem ganzen Film zu schweben: Alles wird sehr übertrieben und aufgesetzt dargestellt. So sieht man mehrmals die Projektleiter in Close Ups weinen, weil sie so gerührt und überwältigt von der Unterstützung der Crowd sind. Oder ein Projektleiter betont minutenlang immer wieder, dass dieses Projekt seinem Leben einen neuen Sinn gibt, dass sein Leben ohne dieses Projekt hoffnungslos wäre, und dass jeder einzelne aus der Crowd dazu beiträgt, sein Leben zu verändern. Diese Szenen sind mit einer ergreifenden Musik unterlegt. Das alles wirkt – ja man muss es so sagen – einfach kitschig.
CAPITAL C gilt als der erste Dokumentarfilm zum Thema Crowdfunding. Doch das Thema scheint nicht genug Stoff für einen Langfilm herzugeben, denn über viele Strecken wird es komplett ausgeblendet. So berichtet der Film lange davon, dass Jackson so viel Zeit in sein Projekt opfert, dass er zu wenig Zeit für seine Familie hat. Das erzählt seine Frau – natürlich – unter Tränen. Oder der Film zeigt, wie Zach Crain sich auf seinen Auftritt in der Investment-Show „Shark Tank“ vorbereitet. Um das Thema Crowdfunding geht es dann überhaupt nicht mehr.
Vielmehr werden die drei Projekte und deren Schwierigkeiten über lange Zeit unabhängig vom Thema Crowdfunding vorgestellt. Ob man jetzt gestrickte Überzieher für Trinkflaschen so spannend findet, dass man den Erfolgsaufstieg des Produktes unbedingt mitansehen will, das muss jeder für sich entscheiden – aber interessanter und sinnhafter wäre es in jedem Fall gewesen, mehr auf das Phänomen des Crowdfundings einzugehen. Vielleicht einmal über Risiken oder Gefahren zu sprechen (die in CAPITAL C gar nicht thematisiert werden, hier werden nur erfolgreiche Crowdfunding-Projekte vorgestellt). Oder sich nach der Motivation der Leute zu erkundigen, die solchen Projekten durch Crowdfunding Geld geben. Oder gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklungen zu untersuchen, die der Trend mit sich bringt. Oder über eine mögliche Veränderung des Kunstverständnisses in der Zukunft nachzudenken. Möglichkeiten gäbe es bestimmt viele.
Doch stattdessen wird nur ein Aspekt immer wieder herausgestellt: Die Welt ist vernetzt, Crowdfunding hat das Potential, unbekannte Ideen zu fördern und das Leben der Menschen zu verändern. Ja, irgendwann hat man das auch verstanden…
Der Dokumentarfilm CAPITAL C startet am 24.09.2015 in den deutschen Kinos.
Hey, ich bin angehender Cineast, großer Kinofreund und interessiert an jeder Art von Filmen. Deshalb steht in meinem DVD-Regal Godard neben Besson, die „Alien“-Box neben der Truffaut-Box, „Saw“ neben „Frau ohne Gewissen“ und „Panzerkreuzer Potemkin“ neben „2-Headed-Shark-Attack".
Letztendlich bleibt Crowdfunding eine sehr gute Finanzierungsalternative, um solche Projekte auf die Beine zu stellen. Kein Wunder, dass mittlerweile immer mehr Menschen darauf zurückgreifen.
2 Kommentare
Katja
Letztendlich bleibt Crowdfunding eine sehr gute Finanzierungsalternative, um solche Projekte auf die Beine zu stellen. Kein Wunder, dass mittlerweile immer mehr Menschen darauf zurückgreifen.
DerFilmaffe
Da geben wir dir vollkommen recht. 🙂