NIX FESTES – Staffel 1 (2018)
Jung, frech, mittellos – Dit is Berlin, wa?!
Die neue ZDF Neo Sitcom NIX FESTES ist frech und frisch. Die Serie dreht das hippe Berliner Leben auf links und versäumt dabei keine modernen Großstadt-Klischees. Mitten im brodelnd-kreativen Zentrum Deutschlands treffen wir auf fünf Persönlichkeiten. Jeder hat hier seine Macken und alle haben sie einen Traum – nur der Traum weiß davon noch nichts.
INHALT:
Vier junge Menschen leben in einem Altbau mitten im Berlin: Wiebke Busch (Josefine Preuß) und Jonas Renner (Sebastian Fräsdorf) waren mal zusammen. Jetzt wohnen sie nur noch übereinander – und sie arbeiten zusammen. Als Autorenduo hoffen sie auf den großen Durchbruch mit einer eigenen Serie. Doch statt Ruhm und Reichtum leben sie von Monat zu Monat, nehmen unbedeutende Textaufträge von Kleingartenvereinen an und verkaufen sich regelmäßig unter Wert. Was tut man nicht alles, um seine Miete bezahlen zu können.
Wiebkes Mitbewohnerin Jenny Reimann (Marie Rathscheck) ergeht es da nicht anders. Sie studiert noch und hofft ebenso träumerisch wie naiv von einem hippen Berliner leben, in dem sie mit einer süßen Start-Up-Idee oder einem freshen YouTube-Kanal zum Star wird. Jonas Mitbewohner Basti Hülz (Tim Kalkhof) ist das alles nicht so wichtig. Er ist Koch, schwul und stets auf der Jagd nach der nächsten Bettgeschichte. Er mogelt sich durch leben und schnorrt sich irgendwie durch.
Ein wichtiger Anker in Leben der vier ist das versiffte Café von Lennart Hesser (Dirk Martens) im Erdgeschoss ihres Wohnhauses. Der hat einmal einen Bestseller geschrieben und trauert seiner gescheiterten Karriere hinterher. Leicht verbittert und stets schlecht gelaunt ist er genau die richtige Vaterfigur für vier junger Menschen, die in Berlin ihr Glück suchen…
FAZIT:
In NIX FESTES ist der Titel wahrlich Programm. Alle Charaktere mogeln sich durch Leben. Keiner ist angekommen und alle noch auf einem mal leichtsinnigen, mal naiven und mal schwerfällig Selbstfindungstrip. Was in einem Jahr sein wird? Keiner weiß es so genau. Aber eines ist jedem der fünf Menschen klar: Ihre Zukunft liegt in Berlin. Nur hier wollen sie sein. Komme es, was da wolle.
Die ersten vier Folgen sind flott erzählt und humorvoll-bissig geschrieben. NIX FESTES saugt dabei das Lebensgefühl junger Berliner auf, die hier das Heiland ihres modernen, unbestimmten Daseins suchen. Entsprechend hoch ist die Dichte an Klischee, die verulkt werden. Der Berliner-Dialekt ist Pflicht. Und natürlich bekommen fleckmatische Studenten ebenso ihr Fett weg, wie hippe Start-Ups und die oberflächliche Medienbranche. NIX FESTES ist eine charmante Abrechnung mit einer modernen Lebenslüge. Denn die Work-Life-Balance, der Traum, sich selbst zu Verwirklichen und sein eigener Dirigent des Lebens zu sein, funktioniert noch nicht. Ein Leben braucht konkrete Entscheidungen und einen festen Job als Anker. Alles andere wäre tagträumerisches.
Aber das Leben in der Hauptstadt hat seine eigenen Regeln. Die Titelmelodie macht klar: „In Berlin darf man das!“ – und genau deswegen tut man es auch. Man führt ein Leben voller Sorgen, aber mit viel Freiheit. Der Grad zwischen Neid und Mitleid für die Figuren ist schmal, doch ohnehin werden Probleme schnell weggelacht, mit Bier ertrunken oder mit Zynismus abgeschmettert. Josefine Preuß zeigt sich dabei erneut in ihrer Paraderolle als freche, junge und kleine Frau, deren Ego für drei reichen würde. So kennen wir sie schon aus TÜRKISCH FÜR ANFÄNGER und so passt sie auch blendend in NIX FESTES hinein. Ihr Partner Sebastian Fräsdorf mimt da in vielen Punkten das genaue Gegenteil. Sein Jonas ist vernünftiger, ruhiger und ein echter Verlierer-Typ. Dieser Mix passt und bringt die nötige Dynamik in die Sitcom. Offensichtlich haben hier obendrein Drehbuchautoren über ihr eigenes Leben geschrieben. Eine nette Metaebene. Denn auch die Figuren müssen bald ein Drehbuch für eine Serie schreiben, in das sie ihre eigenen Lebnserfahrungen einfließen.
Die drei anderen Charaktere erhalten bei weitem noch nicht so viel Tiefe, wirken gar leicht überzeichnet. Sie werden mehr oder minder auf eine Eigenschaft reduziert: Naivität (Jenny), Homosexualität (Basti) und Frustration (Lennart) – so jedenfalls der Stand nach vier Folgen. Hoffen wir, dass auch diese Figuren mehr Raum zur Entfaltung erhalten. Denn soviel steht fest: Alle Fünf haben eine unglaublich sympathische Zusammenspiel, von der man noch viel mehr sehen möchte – echtes Kultpotential!
Die ersten vier Folgen von NIX FESTES stehen seit dem 27. Februar 2018 in der ZDF Mediathek zum Abruf bereit.
von Jörg Gottschling
Bewertung:
Quelle: Pressematerial ZDF