JEDER GEGEN JEDEN (2016)
Der etwas andere Bankraub
Mit JEDER GEGEN JEDEN durften wir uns eine Spanisch-Argentinische Koproduktion ansehen, die in der Heimat im März 2016 anlief und es hierzulande nur als Direct-to-Video Variante auf den Markt schafft. Als Regisseur zeichnet sich Daniel Calparsoro verantwortlich. Und weil der folgende Name so schön auszusprechen ist, nennen wir auch den Drehbuch-Autor: Jorge Guerricaechevarría. Wer von euch diesen Part einwandfrei und flüssig lesen konnte, ist herzlich dazu eingeladen, diese Kritik zu lesen. Alle anderen natürlich auch 😉
INHALT:
Ein Dutzend Geiseln, sechs schwer bewaffnete Gangster und ein Ziel: die am besten geschützten Schließfächer einer Bank in Valencia leerzuräumen. Was genau sich in den Schließfächern befindet, ist selbst der Polizei ein Rätsel. Sicher ist nur: Es ist verdammt gefährlich und kann den Dieben ein Vermögen einbringen. Dazu gehören auch Uruguayo (Rodrigo de la Serna; TETRO) und Gallego (Luis Tosar; MIAMI VICE), die noch dieses letzte große Ding drehen wollen, um sich danach zur Ruhe zu setzen. Das Vorhaben wird allerdings durch unablässigen Regen, Überschwemmungen und die zunehmende Gereiztheit der Männer erheblich erschwert. Da hilft auch der eigens zu diesem Zweck gegrabene Flucht-Tunnel wenig, zumal bereits das Sondereinsatzkommando der Polizei vor der Tür steht.
FAZIT:
„Cien anos de perdon“, wie er im Original heißt, ist beileibe kein schlechter Film. Er hätte aber noch besser sein können. Der Einstieg gestaltet sich extrem spannend, denn die Vorgehensweise der Bankräuber ist, wie überhaupt der ganze Film, sehr klischeefrei und innovativ. Der von Rodrigo de la Serna gespielte Kopf der Operation, Uruguayo, scheint ein eiskalter Dieb zu sein, der immer ein Ass im Ärmel hat – jedoch bricht diese Fassade bereits nach kurzer Zeit, und Uruguayo zeigt seine menschliche, teils labile Seite.
Leider lässt die Spannung im Laufe der Handlung nach, denn für einen nervenzerreißenden Film, wie er sich selbst auch ankündigt, gibt es zu viele belanglose Dialogszenen, in denen sich die Figuren munter über Dieses und Jene auszulassen, ohne dass die Story davon profitiert. Im Gegenteil: Die ständigen konfusen Entscheidungen der Charaktere, die sich nie so richtig festlegen wollen, stellen JEDER GEGEN JEDEN ein Bein. Zu holprig, zu konstruiert.
In JEDER GEGEN JEDEN wird nicht nur der Bankraub behandelt, sondern auch die Intentionen der Schließfachbesitzer, die zwar eine interessante Nebenhandlung bilden, die Spannung durch die perspektivische Erzählweise aber auf der Strecke bleiben lässt. Ständige Ortswechsel sind die Folge. Während man als Zuschauer von Anfang an auf die Geiselnahme fixiert ist, springt der Film immer wieder über zu anderen Charakteren, die dann zu farblos bleiben, um wirklich begeistern zu können.
Was aber macht JEDER GEGEN JEDEN dennoch zu keinem schlechten Film? Einerseits ist es die bereits erwähnte Klischeefreiheit, die sich zunächst während der Geiselnahme und dann in den Dialogen zeigt. Dazu kommen die komplexen Charaktere, die einen riesigen Vorteil daraus ziehen, dass es sich hier eben nicht um normale Bankräuber handelt, sondern Menschen mit einer gewissen Vergangenheit.
Die Darsteller machen dann einen entsprechend sehr guten Job. Heimlicher Star des Films ist Luis Tosar als Gallego, der vielen einen Begriff im Film MIAMI VICE (2006) als Drogenboss Archángel de Jesus Montoya (noch ein kleiner Zungenbrecher) ein Begriff sein sollte. Seine Rolle ist hervorragend und stark gespielt, man wünscht sich insgeheim, dass ihm noch ein wenig mehr Screentime als dem Hauptdarsteller Rodrigo de la Serna zugeteilt worden wäre.
Im Englischen als „To steal from a thief“ bekannt, beschäftigt sich JEDER GEGEN JEDEN auch mit moralischen Fragen. Denn die Täter sind sich von Anfang an bewusst, von wem sie da eigentlich klauen. Und prompt stellt sich da die Frage: Ist es nicht sogar okay, von Dieben selbst zu klauen? Die Behandlung dieser Frage hätte gerne tiefer gehen können, jedoch nutzt die spanisch-argentinische Produktion auch hier nicht das vorhandene Potenzial.
Dann hätte es wenigstens etwas mehr Action geben können – aber die ist selbst für einen Film mit einer Geiselnahme als Haupthandlung zu wenig.
Alles in Allem ist JEDER GEGEN JEDEN ein Film, der sein Publikum schon finden wird. Denn schlecht ist er sicherlich nicht, es hätte nur noch etwas mehr sein dürfen.
JEDER GEGEN JEDEN erscheint am 01.12.2016 auf DVD und Blu-Ray im Handel.
von Salih Yayar
Bewertung:
Quelle: Pressematerial Koch Media 2016
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