Iron Fist - Season 1 -Review
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IRON FIST – Staffel 1 (2017)

Karate Kid’s verkrampfte Kämpfe mich sich selbst

Mit IRON FIST präsentiert uns Netflix den neusten Ableger seines Marvel Serienuniversums. In der mittlerweile vierten Serie und fünften Staffel verliert sich diese Reihe jedoch im Immergleichen: Erneut kämpft eine Person mit übernatürlichen Fähigkeiten mit seinen eigenen Dämonen – und stellt sich diesmal auf eine kindlich-naive Art auch noch richtig dämlich und unnötig trotzig an.

INHALT:Iron Fist - Season 1 - poster

Danny Rand (Finn Jones) stürzte vor fünfzehn Jahren mit seinen Eltern im Himmalaya Gebirge mit dem Privatflugzeug ab. Nur er überlebte, wurde von Mönchen aufgezogen und in einem harten Kampftraining in Kung Fu gelehrt. Nun kehrt er nach New York, seiner Heimatstadt, zurück und möchte in die Fußstapfen seiner Vater und Gründer des international erfolgreichen Konzerns „Rand Enterpriseses“ treten. Doch Danny galt als Tod und so muss er zunächst beweisen, das er wirklich der Multimilliarden-Dollar-Erbe ist.

Denn selbst Ward (Tom Pelphrey) und Joy Meachum (Jessica Stroup), die Kinder von Harold Mechum (David Wenham), dem Partner von Dannys Vater, wollen Danny zunächst nicht glauben. Die beiden führen mittlerweile die Geschäfte des Konzerns und wittern in Danny einen Betrüger, der ausgeschaltet werden muss. Danny sucht sich während dessen Hilfe bei der Anwältin Jeri Hogarth (Carrie-Anne Moss) und findet im Dojo der jungen Trainerin Colleen Wing (Jessica Henwick) eine Zuflucht.

Dass die wahren Probleme jedoch im eigenen Unternehmen lauern, ahnt noch keiner. Eine kriminelle Vereinigung bekannt unter dem Namen „die Hand“ hat die Firma unterwandert. Für Danny beginnt mit diesem Wissen gleich ein doppelter Kampf: Denn als Erbe seines Vater möchte er einerseits dessen Vermächtnis wahren, andererseits ist er die auserkorene „Iron Fist“ – eine mächtige „unsterbliche Waffe“ („Immortal Weapon“) und der eingeschworene Feind der „Hand“.

FAZIT:

Mit IRON FIST erhält die Reihe einen asiatischen Touch. Fernöstliche Lehren treffen auf ein westliches Setting, indem Geld und Macht die Welt regiert, aber von geheimen Organisationen unterwandert werden. Alles nicht sonderlich neu und doch recht gut verstrickt mit den anderen Serien der Reihe auf Netflix. Doch bewegt sich die erste Staffel nur schwer vorwärts und möchte durch diverse Twists Spannung aufbauen – die Serie merkt dabei jedoch nicht, dass sie sich selbst verwirrt und fern des roten Fadens von einer Sackgasse in die Nächste läuft. Nicht, weil die Handlungsstränge zu nichts führen, sondern weil man versucht, jeden Charakter nach zwei bis drei Folgen neu zu erfinden. Das führt dazu, dass viele Figurenentwicklungen keinen Sinn machen. Fakt ist zudem, dass man den Plot auch in der Hälfte der Folgen abhandeln könnte.

Denn die erste Staffel von IRON FIST zieht sich wie Kaugummi. Vor allem die ersten fünf Episoden kommen nur sehr schwer aus ihrem Quark heraus. Die Frage, ob Danny wirklich Danny ist, wird verkrampft in die Länge gezogen. Man könnte diesen Folgen natürlich lobend abgewinnen, dass sie sich die Zeit nehmen, alle Charaktere gebührend vorzustellen (und das tut sich wirklich, aber leider ohne wirklich die Fragen des Zuschauers zu beantworten, geschweige denn klar zu machen, für was dieses Figuren überhaupt stehen). Obendrein ist es den Machern in den ersten Folgen vortrefflich gelungen, die eigentlich Story keinen Meter voranzutreiben.

Ja es wird sogar noch eine Folge in einer psychiatrischen Anstalt eingebaut, die dazu dient, Dannys Ursprung zu erläutern. Sie wirkt jedoch wie ein konstruierter Fehlkörper, dem man sich offensichtlich deswegen bedient hat, weil man etwas für eben diesen Zweck (den Ursprung von Danny) benötigte, aber selbst zu unkreativ war, sich mal eine andere Handlung auszudenken. Dagegen wirkt ja schon fast das eingestürzte Haus, unter dem Luke Cage begraben liegt, damit man seine Ursprungsgeschichte erzählen kann, wie großes Hollywoodkino.

Und da wären wir auch schon beim Hauptkritikpunkt dieser Staffel von IRON FIST: Denn am Aufbau der Story krankt die gesamte Marvel-Reihe auf Netflix. Wir erleben erneut die Einführung eines Helden, aber eben exakt nach dem selben Schema, wie wir es schon bei JESSICA JONES und LUKE CAGE gesehen haben. Es ist der Immergleiche Kampf mit seinen eigenen Dämonen aus der Vergangenheit auf die strukturell immer gleiche Weise:

1. der „Held“ wird vorgestellt.
2. der „Held“ wird von seiner Vergangenheit eingeholt.
3. Der „Held“ ist Opfer eine Intrige.
4. Die Vergangenheit des „Helden“ wird erläutert.
5. Der „Held“ erlebt kurzzeitig einen Triumph.
6. Dem „Helden“ wird der Boden unter den Füßen weggerissen.
7. Der „Held“ widersteht die Schatten seiner Vergangenheit steht damit jedoch erst am Anfang seiner Bestimmung.

Das alles ist so eingefahren, so langweilig und zäh, dass man froh sein kann, wenn der Held einigermaßen vernünftige Entscheidungen auf diesem Weg trifft. Die Figur Danny Rand wirkt hingegen naiv und trotzig – eben wie ein kleiner Junge, der im Affekt handelt und sich dann noch mehr darüber ärgert, wenn dadurch seine Engsten in noch größere Gefahren kommen. Und das kommen diese regelmäßig. Dies hält jedoch keinem davon ab, einfach weiter sinnlos schlechte Entscheidungen zu treffen.

Ganz vorne mit dabei ist Joy. Sie wird als taffe Geschäftsfrau vorgestellt, die zwar ein Gewissen hat, aber mit Cleverness zum Ziel kommt. So weit, so gut. Doch dann deckt sie Geheimnisse auf, die andere völlig aus der Bahn werfen würden. Stattdessen geht sie sofort zur Tagesordnung über und lässt sich für dubiose Machenschaften vereinnahmen. Der scharfe Verstand ist plötzlich weg, sie wirkt wie benebelt und wird vom Puppenspieler zur Marionette. Und dann ist da noch die Kämpferin und Trainierin Colleen. Sie scheint überhaupt keine eigene Linie fahren zu wollen. Ist mal stark, mal schwach und immer sehr schnell für dumme Aktionen zu haben. Ihre eigene Meinung und Bedenken wirft sie dabei stets und schnell über Bord. Wozu braucht man sowas auch, wenn man die Chance hat, an der nächsten Ecke ins giftgetränkte Messer zu rennen?

Wie gut, dass es dann doch noch ein paar Nebencharaktere gibt, die viel spannender sind. Ward zum Beispiel. Seine Ambivalenz, sein debiles Verhalten ist absolut nachvollziehbar. Ebenso sein Schwanken zwischen Gut und Böse. Am Anfang wirkt er wie ein eitler, skrupelloser und schmieriger Yuppie, dann ist er ein gebrochener Mann und am Ende sogar ein Sympathiefaktor. Damit hat diese Figur weit mehr Profil und Format, als der Held, der in seinem kindlichen Trotz noch immer seiner Mama hinterher weint.

Zu erwähnen ist noch Gao (Wai Ching Ho), die Anführerin „der Hand“. Ihre Freundlichkeit beängstigt. Sie ist ein echter Schurke und eines echten Helden würdig. Schade, dass in dieser Serie gerade keiner da ist. Und ihre Kämpfer haben einen gewissen Unterhaltungswert. Vor allem ein besoffener Torwächter macht irre viel Spaß. Gerne wünscht man sich ihn als Helden in einer eigenen Serie. Aber dann fällt einem wieder ein: einen besoffenen Kämpfer gibt es ja schon. Sie heißt Jessica Jones.

Über allem strahlt jedoch ein Charakter. Und man erhält langsam das Gefühl, dass es in dieser gesamten Marvel-Reihe gar nicht um die „Superhelden“ und ihre Schicksale geht. Vielmehr ist es der Leidensweg der Krankenschwester Claire Temple (Rosario Dawson), die Menschen mit besonderen Fähigkeiten magisch anzieht und unverschuldet von einem Kampf in den Nächsten rutscht. Wenn sich die Figur nicht längst damit abgefunden hätte, könnte man als Zuschauer sogar Mitleid für sie entwickeln.

So zieht sie sich wie ein roter Faden durch alle Staffeln und entwickelt sich dabei immer weiter, ja reift gar an den Abenteuern. Als gute Seele, vielmehr als Wegweiser des Helden auf der Suche nach seiner Bestimmung ist es Claire, die mit scharfen Verstand und menschlicher Besonnenheit agiert. Nur ihr ist es zu verdanken, dass die Helden nicht zu Schurken werden und Grenzen überschreiten. Ja, mittlerweile ist Claire selbst zu einem Held geworden. Warum bekommt sie eigentlich keine Serie? Wohl deswegen, weil sie als Sidekick optimal in die Serien hineinpasst.

Insgesamt sind die ersten 13 Episoden von IRON FIST wirklich die schlechtesten Vertreter der gesamten Reihe. Und auch wenn die Atmosphäre wieder schön düster und die Kampfszenen mehr als sehenswert sind, so reißt vor allem die Story und die Figuren alles in die Tiefe der Ödnis. Nein Sir, IRON FIST war leider nichts. Hoffen wir einfach, wenn alle in THE DEFENDER aufeinander treffen, dass man wieder zur Stärke von DAREDEVIL und JESSICA JONES zurückfinden wird.

Die erste Staffel von Marvel’s IRON FIST ist seit dem 17.03.2017 auf Netflix abrufbereit.

von Jörg Gottschling

Bewertung:
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Quelle: Pressematerial Netflix 2017

 

 

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Moin! Ich bin der Filmaffe. Den Blog hab ich mir ausgedacht. Als Filmjunkie, Digital Native & Medienprimat ist mein natürlich Habitus der Bildschirm und alles, was sich darin befindet.

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