Der Teufel mit der weissen Weste - Filmkritik | Französischer Film Noir
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DER TEUFEL MIT DER WEISSEN WESTE (1962)

Tarantinos Lieblingsdrehbuch

Quentin Tarantino soll gesagt haben, das Drehbuch von DER TEUFEL MIT DER WEISSEN WESTE wäre sein „favorite screenplay of all time“. Man spürt nach Sichtung des französischen Gangsterfilmklassikers den Einfluss auf RESERVOIR DOGS (1992). Auch Jean-Pierre Melville, Regisseur des minimalistischen Meisterwerks DER EISKALTE ENGEL (1967), hat mit DER TEUFEL MIT DER WEISSEN WESTE einen Film über Treue und Loyalität gedreht – einen filmisch meisterhaften Kriminalfilm.

„Le Doulos“ lautet der Originaltitel und ist unter anderem die Bezeichnung für einen Polizeispitzel. Gemeint ist damit (scheinbar) der von Jean-Paul Belmondo dargestellte Charakter, von dem der Kriminalfilm handelt. Während der Originaltitel daran keinen Zweifel lässt, stellt der deutsche Titel DER TEUFEL MIT DER WEISSEN WESTE den Charakter ambivalenter dar. Ist die Figur nun ein Teufel oder ein Heiliger? Der Zuschauer weiß es selbst nicht bis zur Auflösung am Ende.

 

INHALT:Der Teufel mit der weissen Weste - Blu-Ray-Cover | Ab jetzt im Handel erhältlich

Der Einbrecher Maurice (Serge Reggiani) ist erst vor kurzer Zeit aus dem Gefängnis entlassen worden. Er plant allerdings schon den nächsten Coup, wenn auch nur einen kleinen Einbruch. Das Werkzeug zum Öffnen des Safes leiht er sich von seinem guten Freund Silien (Jean-Paul Belmondo), von dem manche aus der Branche behaupten, er stünde der Polizei nahe und würde sie mit Informationen füttern.

Maurice zieht mit seinem Kollegen Remy (Philippe Nahon) den Einbruch durch. Doch schon früh werden sie von der Polizei überrascht. Remy wird auf der Flucht erschossen. Maurice kann wie durch ein Wunder entkommen, erinnert sich aber nicht wie. Er ist überzeugt, dass er verpfiffen wurde, und will den Verräter zur Rede stellen. Doch die Polizei ist an ihm dran…

FAZIT:

Schon die erste lange Kamerafahrt führt buchstäblich in die Unterwelt. Und um Gangster der Unterwelt geht es in Melvilles DER TEUFEL MIT DER WEISSEN WESTE. Und um Polizisten. Und um Personen, die irgendwo dazwischen stehen. Der Film erfordert aufmerksames Zuschauen, wenn man dem Handlungsstrang folgen möchte. Er ist nicht selten verwirrend (im positiven Sinne) und enthält viele Personen und Namen, deren Verbindungen oft in rasanten Dialogen offengelegt werden. Der Plot bietet viele unerwartete Wendungen und plötzliche, überraschende Handlungen der Figuren, die zunächst verwundern, im Nachhinein aber allzu nachvollziehbar sind.

Oder, um es mit Tarantinos Worten zu sagen: „Until the last twenty minutes I didn’t know what the fuck I was looking at. And the last twenty minutes explained it all.” Auch die Auflösung am Ende ist überraschend, bevor die Geschichte in einem wunderbar noir-durchzogenen Schluss endet.

Noch vor den Credits zu Beginn des Films wird erläutert, dass das Wort „Le Doulos“ des Originaltitels nicht nur Polizeispitzel bedeutet, sondern auch ein umgangssprachlicher Begriff für „Hut“ oder „Hutträger“ ist. Das ist eine essenzielle Information, denn nur so erschließt sich die Bildsprache des Films, die immer wieder Jean-Paul Belmondo und seinen Hut ins Zentrum rückt. Inszenatorisch ist DER TEUFEL MIT DER WEISSEN WESTE meisterhaft. Stark vom amerikanischen Film Noir beeinflusst sind die Bilder von Düsternis beherrscht, von Schatten, Regen und Nebel durchzogen.

DER TEUFEL MIT DER WEISSEN WESTE ist etwas für Freunde des intelligenten Kriminalfilms und des Film Noir. Für Nostalgiker, die sich an Trenchcoats, Hüten und Schnurtelefonen mit Wählscheibe erfreuen können. Für Fans von Jean-Paul Belmondo und Jean-Pierre Melville. Und für Liebhaber guter französischer Klassiker.

DER TEUFEL MIT DER WEISSEN WESTE ist seit dem 22. März 2018 auf DVD und Blu-ray erhältlich. Als Extra ist ein informativer Beitrag über die Entstehungsgeschichte des Films enthalten.

von Benjamin Wirtz

Bewertung:
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Quelle: Pressematerial StudioCanal

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Hey, ich bin angehender Cineast, großer Kinofreund und interessiert an jeder Art von Filmen. Deshalb steht in meinem DVD-Regal Godard neben Besson, die „Alien“-Box neben der Truffaut-Box, „Saw“ neben „Frau ohne Gewissen“ und „Panzerkreuzer Potemkin“ neben „2-Headed-Shark-Attack".

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