Schwarz auf weiß #17: ARSEN UND SPITZENHÄUBCHEN
Seit ich zwölf Jahre alt war, habe ich in der Theatergruppe der Schule mitgespielt. In einem Jahr kam meine Lehrerin und stellte uns das neue Stück vor, das sie mit uns aufführen wollte. Ich hab sogar eine der beiden Hauptrollen bekommen. Als eine von zwei älteren Damen sollte ich als Tante Abby alleinstehende ältere Männer mit vergifteten Holunderwein umbringen. Natürlich nur aus reinem Mitgefühl und aufgrund meines guten Herzens. Schließlich waren diese Männer einsam und allein.
Das Stück hieß ARSEN UND SPITZENHÄUBCHEN. Der Regisseur Frank Capra hat das Stück gesehen, aber nicht meine Aufführung, sondern die Originalaufführung am Broadway in New York. Er sicherte sich schnell die Rechte an dem Stoff und machte 1941 einen Film daraus. Es sollte aber noch drei Jahre dauern, bis der Films auf der Leinwand zu sehen war – eine Klausel im Vertrag verlangte, dass erst das Stück am Broadway auslaufen musste, bevor der Film in die Kinos kommen konnte.
Zunächst zum Inhalt:
Die Schwestern Abby (Josephine Hull) und Martha (Jean Adair) sind auf den ersten Blick liebenswürdige und süße alte Damen. Sie vermieten ein freies Zimmer in ihrem Haus regelmäßig an alleinstehende Männer, die niemanden mehr haben. Aber irgendwie ist eigentlich immer ein Zimmer bei den beiden frei. Der Wein, den sie ihren Gästen ausschenken, scheint tödliche Nebenwirkungen zu haben. Ihr Neffe Teddy (John Alexander), der sich für Theodore Roosevelt hält, gräbt fleißig am Panamakanal im Keller, genug Platz also für all die Leichen. Als ihr anderer Neffe Mortimer Brewster (Cary Grant) vorbei kommt, um ihnen mitzuteilen, dass er nun endlich geheiratet hat, stolpert er über eine Leiche. Bald darauf gibt es noch eine Leiche. Aber die Leiche ist nicht das neueste Opfer von Abby und Martha. Mortimers verbrecherischer Bruder Jonathan (Raymond Massey) ist für diese verantwortlich. Und das bedeutet nichts Gutes.
Das Stück wurde geschrieben von Joseph Kesselring, das Drehbuch stammt aber von Julius und Philip Epstein. Josephine Hull, Jean Adair und John Alexander verkörperten Abby, Martha und Teddy schon auf der Broadway-Bühne und konnten von Regisseur Frank Capra auch für die Verfilmung gewonnen werden. Die Rolle des Jonathan Brewster im Stück übernahm Boris Karloff. Karloff erlangte Berühmtheit in der Rolle des Monsters in Frankenstein. Zwar konnte er in der Verfilmung nicht mitwirken, gab aber sein Einverständnis dafür, dass der Film-Jonathan (Raymond Massey) wie er geschminkt wurde und auch mehrmals mit ihm verglichen werden durfte. Dies sorgte noch für zusätzliche Lacher im Film. Für die Rolle des Mortimer waren einige Schauspieler im Gespräch aber schließlich übernahm Cary Grant den Part. Dieser sagte später, dass er unzufrieden mit seiner überspitzten Darstellung sei, aber sie verhalf dem Film zu großem Erfolg. Mortimer scheint immer am Rande des Wahnsinns zu laufen. Wenn man bedenkt, dass er eigentlich der einzige „Normale“ sein soll, ist das doppelt unterhaltsam. Insgesamt ähnelt die Darstellungsweise der Schauspieler natürlich sehr ans Theater. Aber in diesem Fall, verbessert es den Film nur noch.
Der Humor von ARSEN UND SPITZENHÄUBCHEN ist rabenschwarz, die Dialoge schnell und intelligent und die Missverständnisse und Wendungen der Handlung folgen Schlag auf Schlag. Als Zuschauer kommt man kaum zum Luft holen, bis man schließlich selbst das Gefühl erlangt, in einer Psychiatrie gelandet zu sein. Es macht den Film nie langweilig und bis heute hat er nichts an Komik eingebüßt. Das Setting ist hauptsächlich das Wohnzimmer der Tanten, was wohl an der Theatervorlage liegen dürfte aber den Wahnsinn nur unterstreicht. Es gibt kein Entkommen.
ARSEN UND SPITZENHÄUBCHEN ist zweifellos ein Klassiker des schwarzen Humors und ich kann es nur jedem empfehlen, sich einmal darauf einzulassen.
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