Eine Name, wie ein Tanz, keinen Aufenthaltsgenehmigung in der Tasche, dafür aber eine Menge Hoffnung im Herz – HEUTE BIN ICH SAMBA ist kein Culture Clash Klamauk, sondern erzählt auf humorvolle Weise von dem Zwang der Asylanten, sich integrieren zu müssen und sich darin nur allzu oft selbst zuverlieren. Ob dieser Grat zwischen Humor und Ernst wohl gelungen ist?
INHALT:
Samba (Omar Sy) lebt seit 10 Jahren in Paris. Als Tellerwäscher und Hilfskoch arbeitet er in einer Großküche, in der er gerade eine Option auf eine Festanstellung erhalten hat. Man könnte meinen, er sei integriert und ein vollwertiges Mitglied der Gesellschaft. Doch Samba hat nur eine vorläufige Aufenthaltserlaubnis und die läuft aus. So landet er in einem bewachten Asylantenheim, wo er auf Jonas (Isaka Sawadogo) trifft. Er hat zwei Jahre gebraucht, um nach Frankreich zu kommen und ist auf der Suche nach „Graziös“, der Liebe seines Lebens. Falls Samba raus kommen sollte, verspricht er ihm zu helfen.
Die ehrenamtliche Immigrantenhelferin Alice (Charlotte Gainsbourg) nimmt sich Sambas Problems an und hilft ihm bei seiner Verhandlung vor Gericht – ohne Erfolg. So wird ihm trotz seiner guten Lebensbedingungen keine Verlängerung des Bleiberechts gewährt. Samba muss sofort das französische Staatsgebiet verlassen, wird jedoch freigelassen. Er verlässt Paris natürlich nicht und achtet nun drei Mal mehr darauf, nicht von der Staatsmacht erwischt zu werden. Dennoch tapst er unverschuldet von einer brenzligen Situation in die Nächste. Nebenbei sucht er immer wieder die Hilfestelle für Asylanten auf und freundet sich nach und nach mit Alice an…
FAZIT:
HEUTE BIN ICH SAMBA ist eine Mischung aus warmherziger Komödie und harter Realität. Der Film nimmt dabei das mit Humor, das eigentlich ein großes Problem in der westeuropäischen Gesellschaft ist: die Integration von Einwanderern. Als Hilfsarbeiter und Tagelöhner verdienen manche gerade mal so viel, um halbwegs überleben zu können. Obendrein droht vielen die Abschiebung, sollten sie von der Polizei erwischt werden. Keine gute Ausgangsposition für einen Feel-Good-Film.
Doch HEUTE BIN ICH SAMBA gelingt dieser Spagat – Nicht zuletzt wegen seines charismatischen Hauptdarstellers: Omar Sy (ZIEMLICH BESTE FREUNDE; 2011/ JURASSIC WOLRD; 2015)spielt mal wieder den einfühlsamen Großen mit viel Herz und noch mehr Charme. Das Leitmotiv der Figur Samba ist der Verlust seiner Identität, wie schon im Titel des Films deutlich wird. Samba muss immer wieder andere Namen annehmen, um als illegaler Einwanderer nicht aufzufliegen, gleichzeitig jedoch als Tagelöhner weiter arbeiten zu können. Heute heißt er noch Samba, doch wie lautet der Name in seinem Pass morgen? Alles ist ungewiss. Samba braucht einen Halt, den er bei Alice findet. Doch auch sie hat ihre merkbaren Probleme im Leben. Zusammen helfen Alice und Samba einander – rein platonisch und auf einer seelischen Ebene.
Sys Schauspielpartnerin Charlotte Gainsbourg (NYMPH()MANIAC 1 &2; 2013) mimt überzeugend das Gegenteil von Samba: Alice ist zerbrechlich, depressiv und gebrochen – im Grunde ist das dieselben Rolle, wie noch in Lars von Triers Zweiteiler. Gleichzeitig kann sie jedoch stark sein und bricht immer wieder aus der Lebenskrise, in der sie nach ihren Burnout geraten ist, aus. Neigt man zu einer Überinterpretation, so könnte man meinen, Alice symbolisiert die zwei Seiten eines ganzen Staates, der mit sich und der Situation seiner Einwanderer überfordert ist.
In dem politisch-sozialen Kontext der Handlung stehen vor allem die Charaktere im Vordergrund. Sowohl Alice als auch Samba sind starke und schwache, aber deswegen auch sehr ehrliche Figuren, mit denen man mitfühlt, denen man Glück im Unglück wünscht. Ihnen zur Seite steht ein sturer Onkel und Einwanderer Wilson (Tahar Rahim), die ihre Identität bereits verloren haben, der hoffnungsvolle, harte Jonas, der völlig verklärt von einem Leben in einer neuen Heimat träumt und die ehrenamtliche, viel zu unreife Manu, die ihre Identität noch gar nicht gefunden zu haben scheint – und daher weit davon entfernt ist, diese zu verlieren. Diese ungewöhnlichen und starken Figuren bestimmen den Rhythmus von HEUTE BIN ICH SAMBA.
Trotz des ernsten und gerade hoch aktuellen Themas dem der Film zu Grunde liegt, versprüht HEUTE BIN ICH SAMBA viel Lebensfreude und Hoffnung. Der Soundtrack unterstützt diese Stimmung durch seine Sambarythmen. Der Film ist also kein Culture Clash im eigentlichen Sinne, sondern wirkt vielmehr wie der Versuch, die Probleme der Integration in Frankreich auf humorvolle, aber nicht veralbernde, Art zu verarbeiten. So schwingt Situationskomik und Chaos im Gleichgewicht mit der ernsten Situation illegaler Arbeiter, für die jeder Tag der letzte in Paris sein kann.
Jedoch hat der Film, meiner Meinung nach ein typisch französisches Filmproblem, seine Längen. Die Beziehungen zwischen den Figuren entfalten sich nur sehr langsam, fast träge. Und manchmal scheint sich der Film nicht ganz entscheiden zu wollen, in welche Richtung er sich nun entwickeln soll. Am Ende ist alles plötzlich sehr dramatisch. Eine Spannung baut sich auf, wie sie vorher nie da gewesen war und setzt zu einem tragischen Finale ein – überraschend, gut und mit viel Tiefe.
HEUTE BIN ICH SAMBA ist ein Film für Genießer. Gut geschrieben, überzeugt die Geschichte, trotz ihrer Längen. Die Figuren machen Spaß und das Thema ist hochaktuell. Seit dem 11.09.2015 ist HEUTE BIN ICH SAMBA auf DVD und Blu-Ray im Handel erhältlich.
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