Brimstone - Filmkritik | Western-Thriller mit Guy Pearce
Kinokritik,  Kritiken

BRIMSTONE (2017)

Grausamer Psycho-Western

Ein Psychothriller-Western mit Horrorelementen ist die europäische Produktion BRIMSTONE unter der Regie des niederländischen Regisseurs Martin Koolhoven, die in großen Teilen in Deutschland gedreht wurde. Der Film entwickelt trotz seiner Überlänge von 149 Minuten immer wieder einen mitreißenden Sog, wiederholt sich allerdings zum Ende hin in seinen Bildern. Er erzählt in vier Kapiteln das Leben der jungen Liz. Es ist ein Leben voller Leid und Gewalt.

INHALT:Brimstone - Poster | Western-Thriller

Ende des 19. Jahrhunderts im amerikanischen Westen: Die stumme Hebamme Liz (hervorragend: Dakota Fanning) lebt mit ihrem Mann, ihrer Tochter und ihrem Stiefsohn auf einer netten kleinen Farm. Eines Tages kommt ein neuer Reverent (Guy Pearce) in ihre Gemeinde. Liz erstarrt bei seinem Anblick. Sie hat offensichtlich panische Angst vor ihm. Der diabolische Reverent, der da so laut von der Hölle predigt, scheint mit ihr eine gemeinsame Vergangenheit zu haben.

Vielmehr soll hier von der Story gar nicht verraten werden, denn der Film wickelt in einer interessanten Erzählstruktur die ganze grausame Geschichte auf – je weniger man vorher darüber weiß, desto besser. Es ist eine Geschichte über religiösen Fanatismus, Sexualität und Vergeltung.

FAZIT:

Es ist kein Spoiler zu sagen, dass der Reverent der Böse in der Geschichte ist. Wenn die Kamera zu lauter, pompöser Musik an seinem Hut hinabstreift und ihn bei seiner Predigt über die Hölle zeigt, wird er schon in der ersten Einstellung als Bedrohung dargestellt. Man solle sich in Acht nehmen vor den Wölfen im Schafspelz, predigt er. Sofort ist klar: Er ist der Wolf. Und er braucht sich nicht mal als Schaf ausgeben. Mithilfe der Religion frisst ihm jeder aus der Hand.

Immer wieder wird der Reverent zu Beginn des Films mit Flammen im Bild inszeniert. Dieser Mann kommt aus der Hölle oder ist zumindest auf dem Weg dorthin. Die Grausamkeiten, die er den Film über verübt, versteckt er hinter seinem religiösen Fanatismus. Seine Religion, die er immer wieder neu passend auf seine Situation ausgelegt, ist die Entschuldigung für all seine Taten. Dass das Ganze sich irgendwann von Religion entfernt und er einfach ein sadistischer Mistkerl ist, gerät da manchmal aus dem Fokus.

Leidtragende seines Wahns ist vor allem die junge Liz. Sie muss einiges durchmachen in BRIMSTONE. Eigentlich handelt der Film von ihrem Leben, von der Jugend bis zu ihrem Tod. Und in diesem Leben erlebt sie nur Furchtbares. Kaum kann sie dem einen Gefängnis entfliehen, wird sie an anderer Stelle wieder eingesperrt. Sie wird ausgepeitscht, vergewaltigt, verkauft und ihre Liebsten ermordet. Schnell gibt man die Hoffnung auf, dass ihre Rache ein befreiendes Erlebnis sein wird. Den anderen Frauen im Film ergeht es selten besser als Liz. Sie werden gegeißelt, aufgehängt oder ihre Zunge wird herausgeschnitten. So richtig schön anzusehen ist das irgendwann nicht mehr. Wenn die zigste Frau ausgepeitscht wird, reicht es einem nach über zwei Stunden auch mal!

BRIMSTONE ist ohne Zweifel ein Film, der den Zuschauer emotional mitzunehmen weiß. Er ist spannend, gut inszeniert und interessant, wenn auch zum Schluss hin etwas lang und redundant. Er behandelt seine Geschichte ernst und realistisch, aber dabei immer auf dem Boden der Fiktion. So hat der Reverent oft die Fähigkeiten eines Bösewichts aus den gängigen Slasher-Filmen: Er kann sich trotz seiner Statur lautlos und schnell auf Holzdielen bewegen oder trifft auch bei dichtestem Nebel einwandfrei sein Ziel. Das irritiert und stört manchmal, da der Film ansonsten eher realistisch gehalten ist. An der ein oder anderen Stelle übertreibt BRIMSTONE auch mit seiner Brutalität und fällt ins Trashige ab. Kann man überhaupt noch leben, wenn einem der eigene Darm um den Hals geschlungen wurde?

Die einzelnen Teile des Films sind meist spannend und durchaus interessant. Betrachtet man am Ende aber das Ganze, fragt man sich doch, was jetzt eigentlich dabei herausgekommen ist. Viel Leid, viel Schmerz, kein Glück. Mit einem Gefühl der guten Laune lässt einen der Film schon mal nicht zurück. Auf ein echtes Happy End kann man vergebens warten. Wenn man sich darauf aber gefasst macht, kann es ein eindringliches Kinoerlebnis werden.

BRIMSTONE startet am 30.11.2017 in den deutschen Kinos.

von Benjamin Wirtz

Bewertung:
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Quelle: Pressematerial Koch Media 2017

 

Hey, ich bin angehender Cineast, großer Kinofreund und interessiert an jeder Art von Filmen. Deshalb steht in meinem DVD-Regal Godard neben Besson, die „Alien“-Box neben der Truffaut-Box, „Saw“ neben „Frau ohne Gewissen“ und „Panzerkreuzer Potemkin“ neben „2-Headed-Shark-Attack".

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