Only god forgives - Filmkritik
Film,  Kinokritik,  Kritiken

ONLY GOD FORGIVES (2013)

Auge um Auge, Hand um Arm!

ONLY GOD FORGIVES poster

Man nehme eine abnorme Beziehung zu den eigenen Händen, bedrückendes Neonlicht, berauschende Musik und di klaustrophobische Atmosphäre einer Bangkoker Hintergasse und schon hat man die Grundzutaten für Nicolas Winding Refns neusten Film ONLY GOD FORGIVES.

INHALT:
Julian (Ryan Gosling) ist Drogendealer und Leiter eines Boxclubs in Bangkok. Als sein Bruder Billy (Tom Burke) im Vollrausch eine 16jährige Prostituierte ermordet und selber von deren Vater erschlagen wird, beginnt ein blutiger Vergeltungskrieg zwischen dem Bangkoker Polizeichef Chang (Vithaja Pansringarm) und Julians Mutter Cyrstal (Kirsten Scott Thomas), die alles daran setzt, an den Mördern ihres Sohnes blutige Rache zu nehmen. Während Julian sich, durch seine düstere Vergangenheit fast apathisch und gelähmt, anfangs noch aus allem heraushält, muss er bald erkennen, dass er unweigerlich ein Teil der eskalierenden Gewalt geworden ist – sogar schon immer war!

Nun heißt es: Auge um Auge, Hand um Arm. Denn Körperteile werden fallen, wenn Menschen auf einen blanken Rachefeldzug sind. Erbarmungslos suchen die Menschen den Pfad der blutigen Gewalt, denn nur ein Wesen verzeiht die eigenen Sünden: ONLY GOD FOGRIVES!

FAZIT:
Nicolas Winding Refn setzt nach seinem großen Kinoerfolg DRIVE von 2011 erneut auf den ausdrucksstarken und wortkargen Ryan Gosling (BLUE VALENTINE; 2010/ GANSTER SQUAD; 2013) und beweist, dass sie als Team nach wie vor großartig funktionieren.

Braucht ein Film viele Worte, um auch viel zu sagen? ONLY GOD FORGIVES jedenfalls braucht sie nicht. Der Film besticht nicht durch langgezogene Dialoge, sondern beschränkt sich verbal auf das Nötigste. Vielmehr überzeugt ONLY GOD FORGIVES durch gut durchdachte Kamerafahrten, wenngleich diese manchmal zu sehr ins künstlerische Anspruchskino abdriften. Im Grunde untermalen diese aber immer passend abgestimmt die beängstigende Atmosphäre und bauen eine skurrile Szenerie zwischen Trash, Komik und ernsthaften Schockmomenten auf.

Fast plakativ setzt dabei Refn im Film ONLY GOD FORGIVES auf emotionslose Gesichter mit einer unmenschlichen, beinahe unangreifbaren Distanz zur brutalen und sexuell aufgeladenen Stimmung und Atmosphäre. Hauptdarsteller Ryan Gosling besitzt während der Gesamtlänge von zirka 90 Minuten nur etwa eineinhalb Gesichtsausdrücke. Doch die reichen völlig aus, um seinen passiv-wahnsinnigen Charakter zu umschreiben.

Unterstützt wird die emotionslose Leere der Menschen durch die Lichtverhältnisse, die zeitweise wie eine moderne, asiatische Antwort auf dem Film Noir wirken. So spiegelt das Licht die Hoffnungslosigkeit der Lage im Neonlicht der verdreckten Gassen und verkommenden Hinterhöfe wider und unterstreicht die ausufernde Sünde der Menschen.

Doch bei all den hypnotischen Bildern zwischen gewollter Kunst und Alptraum: Was lässt sich zum Inhalt sagen? Dass die Liebe einer Mutter selbst über den Tod hinaus bestehen bleibt, durfte das Kinojahr 2013 bereits in dem Horrorschocker MAMA miterleben. In ONLY GOD FORGIVES sieht eine immer passend zum Hintergrund angezogene Mutter rot und setzt alles daran den Tod ihres Erstgeborenen so brutal wie möglich zu vergelten. Kirsten Scott Thomas spielt eine harte, strenge und viel zu jung erscheinende Mutter, die es versteht ihre Reize in Szene zu setzten und Ihre Bedrohlichkeit durch einen lasziven Hüftschwung zu untermauern.

Während Cyrstals Liebe zu ihrem Sohn Billy wie eine glühende Flamme ungebrochen brennt, ist ihr Zweitgeborener Julien eine tickende Zeitbombe, ein emotionsloser Ruhepol, der sich wahrscheinlich noch nicht mal selbst so richtig seine Gefühlen zur „Entertainerin“ Mai (Rhatha Phongam) eingestehen kann, geschweige denn in der Lage ist über seinen Bruder zu trauern.

Stellenweise springt ONLY GOD FORGIVES zwischen Traum und Wirklichkeit hin und her und lässt so die genauen Abläufe und Intentionen der Protagonisten verschwimmen. So wird nicht ganz klar, warum diese Gewaltwelle so ein Ausmaß annehmen kann und weswegen schon ziemlich schnell der Polizeichef zum eigentlich Ziel des Rachefeldzugs geworden ist. Irgendwann wird dieser scheinbare logische Fehler jedoch genauso nebensächlich, wie das immer wieder aus dem Nichts kommende Kurzkatana des Polizeichefs selbst.

Häufig wirken jedoch mehr die Bilder unterstützt durch eine basslastige Musik auf den Zuschauer, als das in der Handlung selber viel passiert. Jedoch lässt ONLY GOD FORGIVES kaum Zeit zum Luftholen. Abrupte Szenenwechsel und gekonnte Schnitte zwischen blutiger Gewalt und sexuellen Lustphantasien spielen mit den Gefühlen des Zuschauers und laden ihn zu einer emotionalen Achterbahnfahrt zwischen den sündigen Extremen ein. Es überrascht dabei, dass ein Film ohne Held, ohne Sympathieträger so gut funktioniert.

So ist ONLY GOD FORGIVES auf jeden Fall ein Geheimtipp für diesen Kinosommer und könnte sich zu einem wahren Kultfilm entwickeln. Ab dem 18.07.2013 startet der Film in den deutschen Kinosälen.

von Jörg Gottschling

Bewertung:

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Quelle: Pressematerial Tiberius Filmverleih 2013

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Moin! Ich bin der Filmaffe. Den Blog hab ich mir ausgedacht. Als Filmjunkie, Digital Native & Medienprimat ist mein natürlich Habitus der Bildschirm und alles, was sich darin befindet.

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