Zwischen den Stühlen - Kritik | Dokumentarfilm über Lehrer
DVD & Blu-Ray,  Kritiken

ZWISCHEN DEN STÜHLEN (2017)

Lehrer in Ausbildung

Der Dokumentarfilm ZWISCHEN DEN STÜHLEN begleitet drei angehende Lehrer bei ihrem Referendariat. Es ist ein steiniger Weg, der sie durch ihre ersten Lehrstunden führt und bei dem sie eigentlich selbst noch die Schulbank drücken müssen – zwischen den Stühlen eben.

Gemeinsam mit einem jungen Lehrer hat sich Jörg den Film angesehen und muss sagen: Es ist alles authentisch und ehrlich. Mehr in seiner Filmkritik.

 

INHALT:Zwischen den Stühlen - DVD-Cover | Dokumentarfilm über Leher in Ausbildung

Drei Menschen haben ein gemeinsames Ziel: Sie wollen Lehrer werden. Dafür haben sie bereits erfolgreich ihr Studium hinter sich gebracht. Nun steht der praktische Teil an – das zwei-jährige Referendariat. In einer Schule unter echten Bedingungen werden sie gleich vom ersten Tag an vom Schüler zum Lehrer. Und das obwohl sie streng genommen noch Schüler sind. Ein Drahtseilakt, der viel abverlangt und mit großem Druck verbunden ist. Denn die Prüfungen sind streng und die zu erbringende Leistung hoch.

Alle drei machen ihr Referendariat auf verschiedenen Schulen: Die eine möchte Grundschullehrerin werden. Die andere ist auf einer Gesamtschule und der Dritte spezialisiert sich für das Gymnasium. Alle Schulen bringen unterschiedliche Herausforderungen und Ansprüche an den Unterricht mit. Wichtig ist die richtige Vorbereitung und das richtige Tempo für die Gestaltung der Schulstunden zu finden.

Neben dem fachlichen Wissen, geht es eben auch um eine adäquate Wissensvermittlung bei der möglichst kein Schüler zu kurz kommt. Und dann handelt es sich auch noch um Menschen im Wachstum. Die benötigen auch mal ganz persönlichen Rat.

Als ob das alles nicht reichen würde, muss man nach dem eigenen Unterricht auch noch selbst die Schulbank drücken, Klassenarbeiten korrigieren und den nächsten Tag vorbereiten. Wie gut, dass der Betreuer ein offenes Ohr mitbringt – insofern er überhaupt selbst dafür Zeit. Denn eines ist klar: Lehrer lassen nach dem Unterricht niemals den Stift fallen und machen Feierabend…

FAZIT:

ZWISCHEN DEN STÜHLEN ist ein ehrliches und eindringliches Statement für den Beruf des Lehrers. Regisseur Jakob Schmidt, seinerseits Lehrerkind, hat schon vom Elternhaus her einen persönlichen Bezug zum Beruf des Lehrers. Der ist, so zeigt ZWISCHEN DEN STÜHLEN sehr eindringlich, bei weitem nicht der lockere Halbtagsjob, den manch einer andichten möchte. Vielmehr ist der Beruf geprägt von außerschulischen Vorbereitungen, Korrekturen, Elternabenden, Ausschüssen und der pädagogischen Erziehung unserer Zukunft.

Das mag sehr pathetisch klingen. Und doch: ZWISCHEN DEN STÜHLEN ist nicht nur ein Titel, sondern die beste Umschreibung für den Beruf des Lehrers überhaupt. Der Lehrer steht zwischen Bildungsauftrag, Schulpflicht, Elterninteresse, Kinderwunsch, Benotungssystem und Lernschwächen. Eine Mammutaufgabe, die nur in Pragmatismus enden kann. In ZWISCHEN DEN STÜHLEN entstehen Interessenskonflikte, ja sogar Sinnkrisen: Eine macht ein Referendariat zur Grundschullehrerin. Doch sie ist vom Benotungssystem nicht überzeugt, möchte gar keinem Kind eine schlechte Note geben. Statt dem typischen Rotstift, benutzt sie eine grüne Farbe. Ihr fällt es obendrein schwer, souverän aufzutreten. Ist sie wirklich für den Beruf geeignet?

Der Mann in der Runde hingegen versteht seine Leistung als Angebot an die Schüler. Wer dieses wahrnimmt, wird honoriert. Und doch lässt auch ihm der Drahtseilakt in seinem Beruf nicht völlig unberührt. Vielleicht ist es sein Recht später Einstieg in die Berufslaufbahn, er ist schon 40 Jahre alt, mit dem eine gewisse Lebenserfahrung einhergeht, durch den es ihm leichter fällt. Vielleicht ist es aber auch die Autorität, die er als großer Mann ausmacht. Wahrscheinlich ist es aber eher sein eigener Lebensweg, der ihm etwas pragmatisch, aber auch fokussiertes verleiht. Denn als Sitzenbleiber und Schulabbrecher kennt er das Scheitern. Auf dem zweiten Bildungsweg machte er sein Abitur nach, studierte und wurde doch am Ende ein Lehrer. Der Beweis, dass es jeder schaffen kann, wenn man nur das „Angebot“ des Lehrers annimmt.

Klar wird, Lehrer werden mit den Jahren besser. Aber sie verfallen auch in eine Routine und müssen sich immer wieder in die hineinversetzen, denen sie helfen wollen, denen sie Wissen vermitteln. Die Betreuer, die gestandenen Lehrer im Dokumentarfilm beweisen, dass ein Lehrer niemals mit seiner Ausbildung aufhört. Die persönlichen Gesprächen zwischen Lehrer und Referendar sind die zentrale Dialoge im Dokumentarfilm. Hier werden Schwächen offenbart, Lücken im Bildungssystemen aufgedeckt, aber auch einstige Autoritäten der Vergangenheit in Menschen verwandelt, die ebenso mit sich, wie mit ihrem Beruf hadern. Dennoch: sie verstehen ihren Beruf als Berufung.

ZWISCHEN DEN STÜHLEN wechselt zwischen Unterricht, Gesprächen, privaten Einblicken und der Ausbildung zum Lehrer hin und her. Ich schaute mir den Dokumentarfilm mit einem Lehrer an, der vor sechs Jahren sein Referendariat erfolgreich bestanden hatte. Er war also noch frisch genug drin in der Materie und fand sich in den gezeigten Prüfungen, in den Lehrergesprächen und in den ersten Elternabenden wider. Er fieberte geradezu mit, war entsetzt, nickte ab, bestätigte euphorisch, was schief läuft und worauf es ankommt. Ja, die Prüfung zum Lehrer ist eine Herausforderung. Aber sie ist in dieser Form nötig. Denn ein Lehrer muss belastbar sein und Kompetenzen (menschlich, wie fachlich) mitbringen.

Dabei beschönigt der Film nichts, kommt mit einer Prise Humor daher und ist grundlegend ehrlich, wenn auch schwer zu folgen: Da Zeitangaben fehlen und nur wenig konkret über die Abläufe im Referendariat erklärt werden, fällt es manchmal schwer zu erfassen, in welche Situation und im welchen Abschnitt der Ausbildung sich die Lehrer gerade befinden. Ohne meinen fachlichen Beisitzer, der mir meine offenen Fragen beantworten konnte, wäre ich wohl etwas ratlos zurückgelassen wurden.

Doch angehende Lehrer wissen worum es geht. Für sie ist ZWISCHEN DEN STÜHLEN gemacht. Jeder Referendar, jeder, der Lehrer werden möchte, sollte sich diesen Film einmal anschauen, damit er weiß, was ihn erwartet. Und vielleicht hilft der Film auch dem einen oder anderen Politiker aus Bildungsausschüssen bei seinen kommenden Entscheidungen.

ZWISCHEN DEN STÜHLEN ist seit dem 01.12.2017 auf DVD und Blu-Ray im Handel erhältlich.

von Jörg Gottschling

Bewertung:
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Quelle: Pressematerial Weltkino

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