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ICH WAR NOCH NIEMALS IN NEW YORK (2019)

Die Filmversion vom Udo-Jürgens-Musical

Vor allem der erfolgreiche MAMMA MIA! (2008) und dessen Fortsetzung haben den Hype um Musicals mit Liedern berühmter Rockgruppen oder Musiker losgetreten. Genau in diese Fußstapfen tritt auch ICH WAR NOCH NIEMALS IN NEW YORK. Und sein Vorhaben ist zu loben: Aufwendig und groß wie eine Hollywood-Produktion will er sein und widmet sich dabei einem der größten deutschsprachigen Liedermacher aller Zeiten: Udo Jürgens.

Die Musicalverfilmung klotzt statt zu kleckern. Die Inszenierung ist groß, kitschig und hollywoodesk. Die Farben sind knallbunt und grell, die Story bewusst bis an die Grenze der Möglichkeiten verkitscht, die wichtigen Rollen mit Stars besetzt: Heike Makatsch, Moritz Bleibtreu oder Uwe Ochsenknecht. Die Bilder (meist sind die Szenen und Tanzchoreografien vorm Bluescreen aufgenommen worden) sind bewusst künstlich gehalten. Doch so groß und aufwändig er auch inszeniert sein sollte – so ganz kommt er nicht an die Unterhaltung, die Filme wie MAMMA MIA! bieten, ran.

INHALT

Lisa Wartberg (Heike Makatsch) ist eine erfolgreiche TV-Moderatorin. Ihre Mutter Maria (Katharina Thalbach) stürzt eines Tages in der Wohnung und kann sich an nichts erinnern, außer an New York – davon hatte sie vor dem Sturz im Radio gehört. Also flieht Maria aus dem Krankenhaus auf das nächste Schiff nach New York – einen Luxusliner. Lisa will sie zurückholen und folgt ihr mit ihrem Assistenten Fred (Michael Ostrowski). Doch bevor sie das Schiff gemeinsam verlassen können, legt es ab.

Sie müssen also die zehn Tage bis zur Ankunft in New York auf dem Luxusliner verbringen. Maria verliebt sich dabei in den Heiratsschwindler Otto (Uwe Ochsenknecht), der sie von früher zu kennen glaubt, Lisa verliebt sich in den verwitweten Vater Axel (Moritz Bleibtreu) und Fred in den Bordzauberer Costa (Pasquale Aleardi). Natürlich braucht es allerlei Verwicklungen, bis die Paare alle zueinander finden.

FAZIT

Es ist unglaublich, wie viele bekannte Lieder von Udo Jürgens stammen. Wer sich schon einmal mit seinem Œuvre beschäftigt hat, dem ist das klar. Deutlich wird es aber auch noch mal in diesem Film. Vor allem die jüngere Generation, der der Name Udo Jürgens weniger vertraut ist, kennt trotzdem seine Lieder – ohne zu wissen, dass sie von ihm stammen: „Griechischer Wein“, „Aber bitte mit Sahne“, „Merci, Chérie“, „Mit 66 Jahren“, „Immer wieder geht die Sonne auf“, „Siebzehn Jahr, blondes Haar“ – die Liste ist fast endlos. All diesen Liedern begegnet man auch in ICH WAR NOCH NIEMALS IN NEW YORK. Oft wurde allerdings der Text verändert und der Handlung angepasst.

Und nicht nur der Text wurde angepasst, auch das Arrangement der Lieder wurde meist verändert. Doch diese neue Interpretation kommen leider nicht im geringsten an die Originale ran. Sie zerreißen die Lieder eher, nehmen ihnen oft entweder den Drive oder das Gefühl (ganz besonders schlimm und unerträglich ist es bei dem eigentlich wundervollen Lied „Was ich dir sagen will“). Hinzu kommt, dass die Schauspieler die Lieder eingesungen haben, die natürlich nicht an die Stimme von Udo Jürgens herankommen. So gibt es für die Leute, die die Originale bis ins kleinste Detail kennen und lieben, einige Enttäuschungen.

Größenteils gut gelungen ist die Einbindung der Songs in die Handlung. Der Plot ist zwar hanebüchen und absurd, kitschig und total abgehoben, aber dessen ist sich der Film bewusst. Diesen Kitsch unterstreicht er mit den knalligen Farben und ausladenden Sets. Vorwerfen kann man dem Film die Unglaubwürdigkeit der Handlung daher nicht. Hinzu kommt, dass er sehr schön die zentralen Themen der Jürgens-Lieder in die Story einbaut: Sehnsüchte, Fehltritte und ungelebte Träume – Motive, die sich durch die meisten seiner Songs ziehen.

Allerdings gibt es in der Handlung dann doch eine kleine Unstimmigkeit: Wenn auch die zentralen Themen der Lieder von Udo Jürgens eingebracht und angeschnitten werden, so erscheint die Story doch sehr exotisch: Ein Luxusliner, Heiratsschwindler und eine berühmte TV-Moderatorin passen irgendwie nicht so recht in die Welt der Udo-Jürgens-Songs. Sie handeln doch meist eher vom kleinen Mann. In ihnen geht es meist nicht um eine kitschige Liebe, sondern um deren Vergänglichkeit und den verpassten Chancen im Leben. Dies im Blick mag die Story des Musicals nicht ganz zu Udo Jürgens Werken passen.

Schön ist, dass sich ICH WAR NOCH NIEMALS IN NEW YORK von vielen typischen Hollywood-Vorgaben entfernt und sich etwas traut: eine schwule Liebesgeschichte ganz selbstverständlich zu erzählen etwa, oder als Tänzerinnen keine jungen, durchtrainierten Frauen zu nehmen, sondern ältere mit einer alltäglichen Figur. Dies ist durchaus erfrischend.

Insgesamt ist die Musicalverfilmung, insbesondere auch die Tanzchoreografien, ganz nett gelungen. Sie reißt einen aber nicht vom Hocker. Sie will viel und das merkt man. Und so bezaubernd Heike Makatsch und Moritz Bleibtreu in ihren Rollen sind, so störend ist manch andere Figur, die die Künstlichkeit dieses Films auf negative Weise betont.

ICH WAR NOCH NIEMALS IN NEW YORK erscheint am 26. März 2020 auf DVD und Blu-ray. Die Fülle der Extras ist annehmbar: Neben Interviews gibt’s auf der DVD Featurettes und Trailer.

Bewertung:

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Quelle: Pressematerial Universal Pictures

Hey, ich bin angehender Cineast, großer Kinofreund und interessiert an jeder Art von Filmen. Deshalb steht in meinem DVD-Regal Godard neben Besson, die „Alien“-Box neben der Truffaut-Box, „Saw“ neben „Frau ohne Gewissen“ und „Panzerkreuzer Potemkin“ neben „2-Headed-Shark-Attack".

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