Dior und ich
Kinokritik,  Kritiken

DIOR UND ICH (2015)

Mäuschen spielen in der Haute Couture

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Nach THE SEPTEMBER ISSUE, VALENTINO – THE GREAT EMPEROR und zahlreichen weiteren Werken kommt mit DIOR UND ICH wieder eine Doku aus der Modewelt. Sie führt den Zuschauer hinter die Kulissen eines der letzten Haute Couture Häuser der Welt.

 

INHALT:

 

Der Dokumentarfilm beginnt mit Originalaufnahmen von Christian Dior, untermalt mit Zitaten aus seiner Biographie „Dior et moi“. Diese Aufnahmen tauchen im Laufe der knapp 90 Minuten häufiger auf. Sie zeigen, warum bis heute eine solche Ehrfurcht vor dem großen Christian Dior herrscht. Überall im Haus gibt es Gemälde und Bilder von ihm. Sie scheinen sagen zu wollen „egal wie lange er schon weg ist, das ist das Haus von Christian Dior“.

Alle Näherinnen werden zusammen gerufen, um ihnen den Neuen vorzustellen. Der Neue ist Raf Simons, Belgier und zuvor tätig bei Jil Sander. Er hat keine Erfahrung mit Haute Couture und seine Französischkenntnisse sind auch eher dürftig. Es sind nur 8 Wochen bis zur großen Modenschau und Vorstellung von Raf als neuen Kreativdirektor. Doch der Fokus der Dokumentation liegt nicht alleine auf ihm. Auch seine rechte Hand Pieter Mulier und die Atelierleiterinnen Florence Chehet und Monique Bailly werden vorgestellt. Es geht um Stoffwahl und die Realisierung von Rafs Vorstellungen in einer sehr knappen Zeit. Denn im Normalfall hat ein Modehaus 4-6 Monate Zeit für eine neue Kollektion. Auch das Thema Geld spielt eine Rolle. Selbst ein reiches Traditionshaus muss darauf achten.

 So wird eine Atelierleiterin nach New York geschickt, um zu einer Kundin zu gehen, auch wenn Simons ganz und gar nicht begeistert davon ist. Wenn jemand jedoch Kleidung im sechsstelligen Bereich im Jahr kauft, dann nimmt man den Unmut des Designers auf sich. Die wenigen Wochen sind gefüllt mit Stress, Anproben, vielen Zigaretten, Süßigkeiten und auch mal Wut des sonst so schüchternen Rafs. Am Ende steht DIE Modenschau des Jahres 2012, die wie man weiß, ein großer Erfolg war.

FAZIT:

Die Haute Couture hat für Modeliebhaber nach wie vor etwas Magisches, das liegt vor allem daran, dass sich unsereins niemals ein solches Kleidungsstück leisten kann. In eines der letzten Modehäuser hineinspähen zu können, die tatsächlich noch Haute Couture herstellen, ist sehr reizvoll für den Zuschauer. Es ist faszinierend zu hören, wie lange die Näherinnen schon für Dior arbeiten und wie sich die Arbeit verteilt.

Der Regisseur Frédéric Tcheng ist außerdem sehr darauf bedacht, Parallelen zwischen Christian Dior und Raf Simons herzustellen. Die Aufnahmen zeigen einen schüchternen Christian Dior, der den Designer in sich als eigenständige Person sah. Dem gegenüber steht ein sehr schüchterner Raf Simons, der keine Fotos von sich mag und von dem Stress zu weinen beginnt.

Es hat natürlich etwas von Werbung, wenn der aktuelle Designer mit dem Original verglichen wird. Das Haus Dior will seinen Zauber zurück gewinnen. Der Dokumentarfilm entstand in einer Zeit, in der die Firma einen großen Skandal verarbeiten musste. Der frühere Kreativdirektor John Galliano war wegen antisemitischer Aussagen in den Blickpunkt der Öffentlichkeit geraten und musste schließlich Dior verlassen. Der Name Galliano fällt daher auch nicht einmal. Genau genommen gibt es überhaupt wenige Informationen außerhalb der Kollektionsvorbereitung. Der Blick ins Private fehlt.

In THE SEPTEMBER ISSUE lernt man Anna Wintour zu Hause kennen, wie sie mit ihrer Tochter interagiert. Und auch die Moderedakteurin Grace Cuddington, der heimliche Star der Doku wird zu Hause und Privat gezeigt, die Doku macht sie menschlich. Dies geschieht in DIOR UND ICH nicht. Raf ist nie in einem privaten Umfeld zu sehen und von seiner rechten Hand Pieter, der von Anfang sympathischer wirkt und wie Cuddington der eigentliche Sympathieträger ist, erfährt man noch weniger, nämlich gar nichts. Allerdings könnte auch das ein Stilmittel sein. DIOR UND ICH lässt den Zuschauer kurz Mäuschen spielen in einer Welt, in der man sonst keinen Zutritt hat, jedoch kommt auch eine Maus nicht überall hin. Dior will noch etwas von seiner Unnahbarkeit behalten, wir sollen auch weiterhin beim Anblick der Kollektionen ins Staunen geraten und uns fragen, wie Raf Simons die Inspiration dafür bekommen haben könnte.

DIOR UND ICH ist ein sehenswerter Dokumentarfilm für jeden, der sich für Mode interessiert. Man darf aber nicht erwarten alles ungeschönt zu sehen, viele Fragen bleiben unbeantwortet. Seit dem 25.06.2015 läuft DIOR UND ICH in ausgewählten deutschen Kinos.

von Sarah Binder

Bewertung:
banane_ranking_3.5

 

Quelle: Pressematerial NFP+ Marketing und Distribution 2015

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Ich hab was mit Medien studiert und liebe Bananen. Keine Frage also, dass ich für den Filmaffen über die Welt der Filme und Serien berichte.

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