Orange is the new Black -review
Kritiken,  Serien

ORANGE IS THE NEW BLACK: Staffel 1 – 4 (2013 – 2016)

„Every Sentence is a story“

„ORANGE IS THE NEW BLACK? Das ist doch diese lustige Frauenserie über den Frauenknast mit den vielen Lesben, oder?!“

Das scheint vielen als erstes in den Sinn zu kommen, wenn der Name dieser Serie fällt. Doch die Macherin Jenji Kohan (Schöpferin von WEEDS) erzählt in ORANGE IS THE NEW BLACK (kurz: OITNB) nicht einfach die lustige Geschichte krimineller Frauen, von denen tatsächlich im Vergleich zu anderen Serien und Filmen mehr Charaktere als gewohnt lesbisch oder bisexuell sind. Sie nimmt sich auf humorvolle, aber auch sehr emotionale Art bekannten Problemen der (amerikanischen) Gesellschaft an, von Rassismus über Sexismus und Homophobie bis hin zu den Zuständen in den Gefängnissen Amerikas. Und ganz ehrlich? Diese Probleme sollten doch jeden, unabhängig von Herkunft und Geschlecht gleichermaßen interessieren. Lasst euch also weder von dem Gerücht, noch von dem Trailer beirren, denn diese Serie ist alles andere als eine reine Frauenserie und nichts für zarte Gemüter und empfindliche Ohren, angesichts der Tatsache, dass „fu*k“ das wahrscheinlich meistgenutzte Wort ist.

INHALT:

Piper Chapman (Taylor Schilling) scheint das perfekte Leben zu führen: Sie stammt aus einem guten Elternhaus, verzeichnet als Managerin auch beruflich Erfolge und scheint mit ihrem Verlobten Larry Bloom (Jason Biggs) den Mann für’s Leben gefunden zu haben. Doch plötzlich wird sie von ihrer Vergangenheit eingeholt: Vor 10 Jahren schmuggelte sie für ihre damalige Geliebte Alex Vause (Laura Prepon) Drogengeld ins Ausland. Eine Jugendsünde, die fast vergessen zu sein schien, bis die Angeklagte Alex ihre Ex verrät, hat nun 15 Monate Haft und ein Wiedersehen mit Alex zur Folge.

Im Frauengefängnis von Litchfield trifft Piper außerdem auf eine Welt, die ihr als weiße Amerikanerin aus der gehobenen Mittelschicht mehr als fremd ist: Rassismus, Gewalt, Machtkämpfe und Verzweiflung werden zum Alltag.

Es entwickeln sich Liebe, Freundschaften und Feindschaften und dem Zuschauer werden die emotionalen Geschichten der Mithäftlinge in Form von dramatischen Rückblenden erzählt.

FAZIT:

Der überwiegend weibliche Cast von ORANGE IS THE NEW BLACK überrascht mit bisher unentdeckt gebliebenen Talenten, die mich auf ganzer Linie überzeugen. Die Emotionen und Persönlichkeiten der einzelnen Charaktere kamen bei mir persönlich sehr authentisch an, doch trotzdem fällt es einem als Zuschauer schwer, einen Lieblingscharakter zu haben. Denn jede Rolle schafft es, Sympathiepunkte genauso schnell zu verspielen, wie sie sie gewonnen hat und andersrum.

Vor allem die Protagonistin Piper Chapman entwickelt sich im Laufe der Serie zu einer egozentrisch und nicht nachvollziehbar handelnden Person. Ob das so gewollt ist, weiß ich nicht, jedoch finde ich es gut, denn es wurde genau zum richtigen Zeitpunkt eine Veränderung im ursprünglichen Haupt- und Nebendarsteller Verhältnis vorgenommen, die ich angesichts der sich zur Nervensäge entwickelnden Piper für ideal hielt. Es gibt einfach zu viele interessantere und sympathischere Charaktere, neben deren Problemen Pipers langweilig wirkten.

Im Verlauf der Serie scheinen die Charaktere die individuellsten Entwicklungen durchzumachen. Mithilfe von Rückblenden lernt der Zuschauer sie kennen und kriegt erstmals einen Eindruck von der Komplexität eines Häftlings und dem Menschen, der hinter dem Sträfling steckt. Es sind die unterschiedlichsten Personen, die mit den verschiedensten Problemen zu kämpfen haben. So z.B. die intelligente „Poussey Washington“ (Samira Wiley), die als Dunkelhäutige vermutlich am meisten unter den rassistischen Vorurteilen leidet, „Crazy Eyes“ (Uzo Aduba) bei der der Name Programm ist, die jedoch eine Kreativität besitzt, die nur die wenigsten zu schätzen wissen und „Sophia Burset“ (Laverne Cox), eine eitle Transfrau, die immer wieder zu spüren kriegt, dass sie anders ist als die anderen Frauen. An dieser Stelle möchte ich erwähnen, dass ein Blick in die Serie sich allein schon für die herausragende schauspielerische Leistung Uzo Adubas lohnt. Eine so facettenreiche Rolle wie die von „Crazy Eyes“ so perfekt darzustellen, in einer Szene gleichzeitig so viel Verletzlichkeit und Aggressivität herüber zu bringen, zeugt von großem Talent und verdient große Anerkennung.

Mein persönliches kleines Highlight ist der Zusammenstoß der konvertierten Jüdin „Big Cindy“ und der verschleierten Muslima „Alison“. Ein kleiner Konflikt zwischen zwei Personen unterschiedlichen Glaubens, der den großen, leider realen Konflikt widerspiegelt: Ohne sich zu kennen, werden schon bald nach Alisons Ankunft die ersten feindlichen Sprüche geklopft. Meiner Meinung nach ist dies einer der Teile, in dem sich gut zeigt, dass hier gekonnt mit Klischees und Vorurteilen gespielt wird. Als die beiden nach und nach merken, wie ähnlich sie sich eigentlich sind und anfangen zu kommunizieren, ist der anfängliche Hass wie weggeblasen und es entwickelt sich eine Freundschaft (Hach, so einfach könnte es sein!).

Die versteckten Messages ziehen sich durch die ganze Serie und sind meistens lustig verpackte Kommentare zu ernsten Themen der Realität, wie Machtsysteme, soziale Ungerechtigkeit und Homophobie, können aber auch sehr ernst und brutal sein. So wird der aufmerksame Zuschauer, der über die aktuellen Probleme und Geschehnisse in Politik und Gesellschaft Bescheid weiß u.a. auffällige Parallelen zur „Black Lives Matter“-Protestbewegung in den USA erkennen. In Anbetracht der politischen Aktivität vieler Darsteller und der Rede des Casts für multikulturelle Vielfalt und Immigration bei den SAG-Awards 2017 kommt das Ansprechen der Probleme in der Serie noch authentischer rüber.

ORANGE IS THE NEW BLACK ist eine Serie mit vielen Szenen die beim Zuschauer hängen bleiben. Entweder weil sie komisch und einfach genial satirisch sind, oder weil sie unter die Haut gehen (für Piper in Staffel 4 leider im wahrsten Sinne des Wortes). Oftmals habe ich erst im Nachhinein gemerkt, wie sehr die Serie mein Gemüt beeinflussen konnte, was meiner Meinung nach für sie spricht.

In wenigen Tagen ist es so weit. Jeder Fan wartet auf die Auflösung des dramatischen Cliffhangers und Dayas Entscheidung und freut sich riesig darauf, dass es bald wieder heißt: „The animals, the animals…“

Am 11. Juli 2013 feierte die erste Staffel von ORANGE IS THE NEW BLACK Premiere auf Netflix und am 9. Juni 2017 hat das Warten auf Staffel 5 endlich ein Ende!

Von Begüm Karagöz

Quelle: Pressematerial Netflix 2017

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Seit ich Teil des Filmaffen-Teams bin kann ich meine exzessiven Film- und Serienmarathons endlich mit dem Vorwand sie anschließend rezensieren zu müssen als eine meiner größten Leidenschaften anerkennen lassen und habe auch schon gleich ein besseres Gefühl dabei stundenlang vor'm Bildschirm zu hängen.

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