Slow West
DVD & Blu-Ray,  Kritiken

SLOW WEST (2015)

Im Westen kannst du keinem trauen

 

Der Western war lange Zeit ein totgeglaubtes Genre. Doch er ist nicht ausgestorben, er wurde wiedergeboren! In den letzten fünf Jahren entstand eine Vielzahl von Neo-Western, von TRUE GRIT der Coen-Brüder (2010) bis zu Tommy Lee Jones‘ THE HOMESMAN (2014). Und der Western muss nicht mehr amerikanisch sein, das zeigen Filme wie der dänische THE SALVATION (2014), der französische DEN MENSCHEN SO FERN (2014) oder der österreichische DAS FINSTERE TAL (2014). Sie alle haben dem Genre etwas Neues gegeben. Den britisch-neuseeländischen SLOW WEST kann man da bedenkenlos einreihen.

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Das britische Greenhorn Jay Cavendish (Kodi Smit-McPhee) ist in Amerika auf dem Weg in den Westen, um dort seine große Liebe wiederzufinden. Er trifft bald auf den souveränen Kopfgeldjäger Silas (Michael Fassbender), der ihm anbietet, ihn gegen ordentliche Bezahlung sicher zu seinem Ziel zu geleiten. Doch Silas weiß, wer die Angebetete Jays ist, und wittert die Möglichkeit, weit mehr Geld aus der Aktion herauszuholen…

FAZIT:

Die Geschichte von SLOW WEST ist, wie es sich für das klassische Westerngenre gehört, so simpel wie nur möglich: Zwei Männer, die unterschiedlicher kaum sein könnten, reiten von A nach B und begegnen auf dem Weg verschiedenen Gefahren. Dabei reiten sie aber nicht durch Sand, Wüste und sengende Hitze wie zu den alten Zeiten, sondern durch grüne Wiesen, Wälder und über Gebirgsketten – wie man es heute so häufig im Neo-Western findet. Trotz des recht einfachen Plots wartet SLOW WEST mit einigen erbarmungslosen Überraschungen und Wendungen auf. Diese passen zur Stimmung des Films und bestätigen die negative Weltsicht des Protagonisten.

Denn während Jay von der Liebe geführt wird, ist Silas‘ Sichtweise der Welt weitaus pessimistischer: Er vermutet „hinter jedem Stein einen Ganoven“, der ihm „das Messer in den Rücken rammen will“. Fassbender spielt diesen misstrauischen Kopfgeldjäger fies und unsympathisch, ohne dass er aber das Interesse an der Figur oder die Zuneigung zu dieser gefährden würde. Sehr bald wird dem Zuschauer klar, dass Silas‘ Weltsicht nicht von irgendwoher kommt. Tatsächlich gibt es keine vertrauenswürdigen Personen in der Welt von SLOW WEST. Misstrauen ist hier überlebenswichtig. Jedes auch noch so freundliche Verhalten ist nur hinterhältiges Getue, doch hinter vielen hinterhältigen Taten stehen oft auch nur schreckliches Leid und große Verzweiflung der Täter. Wer in dieser Welt nicht aufpasst, bezahlt mit dem Leben dafür.

SLOW WEST entfaltet sich, wie der Titel es schon sagt, sehr langsam und ruhig. Selbst die Actionszenen sind nicht schnell inszeniert, sondern haben eine bedrohliche Ruhe. Die Gewalt ist dabei immer präsent. Zwar sieht man selten direkte Gewalteinwirkung (das Eindringen einer Gewehrkugel in den menschlichen Körper etwa wird nie gezeigt), dafür aber die Folgen der Gewalt (die Wunden oder das Blut auf der Erde). Das ändert nichts daran, dass einem die Brutalität und die Bedrohung, die die Welt von SLOW WEST unwiderruflich beherrschen, fühlbar werden.

Allein die Beziehung von Jay und Silas ist nicht ganz glaubwürdig. Zu Beginn sind die Ziele der beiden Männer noch geklärt. Der Wandel, den die eine Figur zum Ende hin unternimmt, wird aber in keiner Weise deutlich und deshalb kommt sein Verhalten zum Schluss viel zu plötzlich. Nichtsdestotrotz ist SLOW WEST ein gelungener und spannender Genrebeitrag, der bis zur letzten Minute unterhält, visuell und inhaltlich überzeugt und glücklicherweise nicht ganz konventionell daher kommt.

Ab dem 03.12.2015 ist SLOW WEST auf DVD und Blu-Ray im Handel erhältlich.

von Benjamin Wirtz

Bewertung:
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Quelle: Pressematerial Prokino Home Entertainment 2015

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Hey, ich bin angehender Cineast, großer Kinofreund und interessiert an jeder Art von Filmen. Deshalb steht in meinem DVD-Regal Godard neben Besson, die „Alien“-Box neben der Truffaut-Box, „Saw“ neben „Frau ohne Gewissen“ und „Panzerkreuzer Potemkin“ neben „2-Headed-Shark-Attack".

Ein Kommentar

  • franziska-t

    Mir ging es ähnlich was die Motivation der Figuren anging, allerdings war mein Problem nicht die Chemie zwischen den beiden Hauptdarstellern, sondern eher Grundsätzliches zu Jay. So wird beispielsweise keineswegs erklärt, wie es Jay den weiten Weg von Schottland in den Wilden Westen geschafft hat. Allein schon aus Gründen des Geldes und der Logistik stellt sich das für einen Teenager schwierig da.

    Vielleicht sollte man noch erwähnen, dass der Film nicht in den USA, sondern in Neuseeland gedreht wurde. Ich finde es super, wenn man ein Genre nimmt und in einen neuen Kontext stellt, wie das beispielsweise auch schon beim „Alpen-Western“ DAS FINSTERE TAL gemacht wurde.

    Hier meine Langkritik: https://filmkompass.wordpress.com/2015/09/09/slow-west-omu-2015/

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