Ich und Kaminski
Kinokritik,  Kritiken

ICH UND KAMINSKI (2015)

Eine Reise durch die Kunstgeschichte

Der neue Film von Uwe Schott (JEDER STIRBT FÜR SICH ALLEIN 2015; CLOUD ATLAS 2012) und Wolfgang Becker (GOOD BYE, LENIN 2003), der auf dem gleichnamigen Roman von Daniel Kehlmann beruht (herausgegeben vom Suhrkamp Verlag; 2003), nimmt uns mit auf eine Reise durch die Kunsthistorie.

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ICH UND KAMINSKI handelt von dem Kunstjournalisten Sebastian Zöllner (Daniel Brühl), dessen neues Projekt die Biographie des berühmten blinden Malers Manuel Kaminski (Jesper Christensen), Schüler von Matisse und Freund von Picasso, werden soll. Sein eigenes Leben zerbricht gerade. Seine Freundin Elke (Jördis Triebel) schmeißt ihn aus der Wohnung und präsentiert ihm gleichzeitig ihren neuen Partner. Er schreibt über Kunst, ohne sich eigentlich wirklich für Kunst zu interessieren und hat keine Festanstellung. Die Biographie über Kaminski soll nun seine Chance und sein Durchbruch werden.

Zöllner macht sich auf den Weg in die Schweiz, wo Kaminski abgeschieden in einem Haus wohnt. Berühmtheit hat Kaminski erlangt, als er in den 1960ern in New York als blinder Maler bekannt wurde, nachdem eines seiner Gemälde mit dem Titel „Painted By A Blind Man“ eher durch Zufall in eine Pop Art Ausstellung geraten war. Seine Blindheit kam schleichend seit seiner Kindheit und seine Sehkraft wurde immer schwächer. Trotzdem stellt Zöllner die Theorie auf, Kaminski sei zu der Zeit, in der er wegen seiner Blindheit berühmt geworden war, noch gar nicht blind gewesen.

Schon auf der Zugfahrt in die Schweiz, bei der wir Zöllner begleiten können, wird deutlich, dass auch er ein spezieller Charakter ist. Er ist teilweise sehr aufbrausend, selbstherrlich und vor allem überschätzt er sich und seine Fähigkeiten völlig. Bei Kaminski lernt er dann dessen Tochter Miriam (Amira Casar) kennen, die ihren Vater versucht abzuschirmen. Gesundheitlich ist Kaminski nicht mehr ganz fit, sein Herz ist sehr schwach.

Zöllner bleibt aber hartnäckig und so lernen sich Kaminski und er immer besser kennen. Erstaunlicherweise scheinen die beiden sich zu mögen, während sie sonst jeder für sich bei anderen Menschen eher anecken. Es scheint, als würde Zöllner in Kaminski sein Spiegelbild finden und umgekehrt. Die beiden ähneln sich in vielen Charakterzügen und Eigenschaften. Beide manipulieren und tricksen und so entsteht eine interessante Kunsthistorien-Satire. Zöllner bereitet sich durch viele Interviews mit Bekannten, Freunden und Wegbegleitern Kaminskis auf die Biographie vor. Er gelangt irgendwann allerdings an einen Punkt, an dem scheinbar nichts zusammenpassen will. Irgendwann erfährt Zöllner, dass die von Kaminski tot geglaubte Therese (Geraldine Chaplin) noch am Leben ist. Therese war Kaminskis große Liebe und Muse, die ihn vor langer Zeit verlassen hat, was für Kaminski einem Weltuntergang gleich kam. Die beiden ungleichen und doch so gleichen Männer begeben sich gemeinsam auf eine Fahrt in den Norden, wo Therese lebt.

Auf der Reise erleben die beiden viele schwierige Situationen. Unter anderem wird ihnen von dem Anhalter Karl Ludwig (Denis Lavant) das Auto gestohlen, in dem sich zwei unveröffentlichte Bilder von Kaminski befinden. Auf der anderen Seite kommen sich Kaminski und Zöllner näher und es entsteht eine erstaunliche Verbundenheit. Als sie bei Therese ankommen, folgt die Ernüchterung. Therese scheint an einer Art Demenz oder Alzheimer zu leiden und kann Kaminski die spannende Frage nicht beantworten, weshalb sie damals gegangen ist.

FAZIT:

Als Schauspieler begeistern Daniel Brühl (RUSH 2013; INSIDE WIKILEAKS 2013; INGLOURIOUS BASTERDS 2009), Jesper Christensen (JAMES BOND 007: SPECTRE 2015; JAMES BOND 007: EIN QUANTUM TROST 2008; SCHWESTERN 2013), Amira Casar (SAINT LAUREN; 2014/ MICHAEL KOHLHAAS; 2013), Denis Lavant (MATHILDE – EINE GROSSE LIEBE; 2004/ MICHAEL KOHLHAAS 2013), Jördis Triebel (WESTEN; 2013/ EIN GUTER SOMMER; 2011) und Geraldine Chaplin (THE FORBIDDEN ROOM; 2015/ NORDWESTWIND; 1976/ DOKTOR SCHIWAGO; 1965).

Alles in allem hat der Film schöne und berührende Passagen, die die besondere Beziehung von Kaminski und Zöllner zeigen, die sich während des Films entwickelt. Trotzdem bleiben einige Fragen offen. Wo ist beispielsweise Miriams Mutter? Was ist mit ihr passiert? Was macht Miriam und weshalb trägt sie ausschließlich Perücken und gibt vor eine andere Person zu sein als sie eigentlich ist? Wer ist der neue Partner von Elke namens Walter? Wieso trifft es Zöllner so, dass es ausgerechnet Walter sein muss? Was genau hat die Lebensweisheit des asiatischen Mönchs zu bedeuten, die Kaminski im Laufe des Films zitiert? Wieso wählt er ausgerechnet diese? Wann und wo hat das Gespräch mit dem anderen Biographen stattgefunden, das Kaminski scheinbar geführt hat? Wieso wusste Zöllner das nicht? Und zu guter Letzt: Ist Kaminski wirklich blind oder ist seine Aussage auf der Rückfahrt von Therese über das Bild, das an der Wand hängt, so zu deuten, dass er doch noch sehen kann?

Ich habe ein wenig das Gefühl, es sollte möglichst viel aus dem Roman im Film erzählt werden, aber es sind einige wichtige Passagen, die für die Geschichte und das Verständnis beim Zuschauer essentiell sind, verloren gegangen. Ich hätte mir 20 Minuten mehr Film inklusive mehr Erklärungen gewünscht.

ICH UND KAMINSKI erzählt von Blindheit im vielfachen Sinn, von Ehrgeiz und Kunst, von Lüge und Wahrheit und den Medien und vom Duell zwischen Alter und Jugend. Es handelt sich sicherlich um keinen schlechten Film, aber auch um kein hervorragendes Werk. Wer sich sehr für Kunst und das Verhältnis der Medien zu Wahrheit und Illusion interessiert, ist hier sicherlich gut aufgehoben. Für alle anderen reicht es vielleicht auch abzuwarten, bis der Film im Fernsehen oder auf DVD verfügbar ist.

Der Film ICH UND KAMINSKI startet am 17.09.2015 in den deutschen Kinos.

von Franziska Söllner

Bewertung:
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Quelle: Pressematerial X-Verleih 2015

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Neben meinem Jura-Studium ist es eine meiner Lieblingsbeschäftigungen für einige Zeit in eine völlig andere (Film-)Welt abzutauchen und für diese Zeit jemand ganz anderes zu sein!

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