DVD & Blu-Ray,  Kritiken

GREEN ROOM (2016)

Punks vs. Skins

In GREEN ROOM gerät eine Punksband mitten auf eine Rockveranstaltung von Skins. Was nach dem Anfang einer schräg-lustigen Thriller-Satire klingt, entpuppt sich als brutaler Psycho-Albtraum. Atmosphärisch dicht erzählt, entwickelt sich ein Katz und Maus-Spiel, an dessen Ende jeder zum Opfer wird.

INHALT:

Green Room - DVD-Cover


Eine abgehalfterte Punkband, die sich dem eigenen Erfolg brillant widersetzt hat, indem sie zwanghaft underground bleiben möchte, tingelt von einem Provinzauftritt zum Nächsten. Als sie kurz vor dem Abbruch ihrer desolaten Tour doch noch einen Gig erhält, ahnt die Gruppe noch nicht, auf was sie sich eingelassen haben:

Angekommen an Spielort sind es nicht nur ein paar Skins, vor denen die aus politisch linken Spektrum kommende Band auftreten soll. Vielmehr geraten mitten in eine brisante Zusammenkunft einer örtlichen White Power Bewegung. Dennoch geht zunächst alles gut und auch ihre Provokationen während des Auftritts überstehen sie reibungslos.

Als sie dann kurz vor ihrem Aufbruch etwas sehen, dass sie lieber nicht hätten sehen sollen. Werden sie zu Gefangenen. Da man die semi-bekannte Band aber nicht einfach so ohne weiteres ausschalten kann, wird ein komplexer Plan geschmiedet, der ihnen ein Verbrechen andichten soll, in dessen Fortgang die Punkband zu Tode kam.

Doch für beide Seiten läuft es nicht so, wie erwartet. Denn auch unter den Skins sind lange nicht mehr alle so loyal, wie es scheint.

FAZIT:

GREEN ROOM von Regisseur Jeremy Saulnier ist ein blutiger Psycho-Thriller, der gerade zu Beginn versucht, Spannung zu erzeugen, sich dann aber in einem inkonsequenten Kampf verliert. So ist die Atmosphäre dicht, manchmal sogar klaustrophobisch. Doch das Katz und Maus-Spiel, so plastisch, spannend und brutal es auch inszeniert worden mag, zieht sich in die Länge.

Obwohl die Glatzköpfe den Punks körperlich, waffentechnisch und von der Anzahl her überlegen sind, spielen sie diese Überlegenheit nie aus. Auch im finalen Kampf steht es zwei gegen zwei, wobei das Überraschungsmoment sogar mehr bei den Außenseitern liegt. Solide-blutig vermag GREEN ROOM zwar Spannung zu erzeugen, bricht aber sein Psycho-Spiel zu schnell ab und demaskiert selbst die schlimmste Schurken als schwache Geschöpfe, die leicht zu überrumpeln sind. Warum werden überhaupt erst die harten jungs mit den „roten Schnürsenkeln“ herbeordert, wenn sie am Ende vor einen dünnen Punk so viel Angst haben? Soll es ein Statement dafür sein, dass auch Nazis und Skins nur kleine Würstchen sind? Mit dieser Aussage funktioniert jedoch leider der gesamte Film nicht, der von dem Ungleichgewicht leben möchte. Vielmehr noch wäre dies ein unlogischer Kontrast, der im Gegensatz zu dem steht, was vorab über die Organisation der Skinheads gezeigt wird.

Brutal und rücksichtslos – so möchte man die Skinheads in GREEN ROOM vorgestellt. Dass dies jedoch nicht der Wahrheit entspricht, zeigt der Film noch an anderer Stelle: Es gibt Zweifler, die aussteigen wollen. Ein Ausstieg aus der Szene steht jedoch nicht zur Debatte und wird mit harten Konsequenzen bestraft. So vielschichtig die einzelnen Typen der Szene gezeigt werden, so stereotypisch und plakativ wird mit ihnen umgegangen: Ausgerechnet ein Pärchen, dass seine Gefühle für einander bisher geheim gehalten hat, plant die Flucht. Ausgerechnet ein wilder Raufbold mordet im Affekt und löst die chaotische Ketten von Ereignissen überhaupt erst aus. Und ausgerechnet junge Leute von anderen Ende des politischen Spektrums geraten in Gefahr.

Bei all diesen uninnovativen Offensichtlichkeiten brilliert GREEN ROOM vor allem in seinen authentischen Darstellungen des Verschleierns von Beweisen. Immer im Fokus der Polizei, sind die Skinheads darauf sensibilisiert, in keinen Konflikt mit den Gesetzeshütern zu kommen. Daher werden Tatorte inszeniert und Sündenböcke gesucht, um sich selbst aus der Schussbahn zu nehmen. Disziplin und militärische Ordnung sorgen dafür, dass die Kontrolle erhalten bleibt. Das ist beeindruckend wie erschreckend.

Patrick Stewart als Anführer macht dabei eine gute, wie souveräne Figur. Der Rolle fehlt jedoch ein klein wenig Wahnsinn. Stewart begnügt sich, seine Rolle durch eine ernste Miene, einer stets aufrechten Haltung und eine ruhige Stimme darzustellen. So passend sich dies anhört, so farblos ausgemalt ist die Rolle leider. In seinen Entscheidungen und Befehlen wirkt er sprunghaft, manchmal gar planlos. Immer wieder ändert er seine Taktik.

Zugegeben: manche neuen Begebenheiten zwingen ihn dazu. Aber in anderen Fällen ist nicht ganz klar, warum er so handelt. So sind die Punks in einem Raum eingesperrt. Einer seiner Skins ist mit dadrin, hat eine Waffe und die Situation unter Kontrolle. Er muss eigentlich nur die Tür öffnen und die Verstärkung erledigt den Rest. Statt dessen soll genau diese Schläger seine Waffe freiwillig an die Gefangenen übergeben. Und plötzlich wird die Gefangenschaft zu einer Verbarrikadierung. Okay, mit dem Besitz der Waffe will man den Punks etwas anhängen, aber so eine Geschichte hätte man den Polizisten auch im Nachhinein unterjubeln können, ohne dass, sie wirklich hätte passieren müssen. Statt Indizienbeseitung und Sündenbocksuche wird hier eine unlogische Verkomplizierung der Tatsache hervorgerufen, die den Konflikt, der eigentlich keiner hätte werden müssen, überhaupt erst verursacht.

So steuert die Nacht, in der ein Mord den anderen ablöst und sich die Reihen auf beiden Seiten lichten, zu einem Zeitrafferende hin, dass ebenso im Affekt endet, wie alles begann. Doch genau hierin liegt eine Schwäche von Beiläufigkeit verborgen. Alles passiert nur noch und die Jäger werden zum Gejagten. Inhalt und Tiefe machen Feierabend. Unvorsichtigkeit und Fehler lösen einander ab und am Ende gewinnt eine Seite, die in der Realität gar nicht gewonnen hätte. Und das alles nur, weil eine erfahrene Kampftruppe nicht konsequent genug war.

GREEN ROOM überzeugt durch Atmosphäre, Setting und seinen plastischen Effekten, schwächelt aber in seinen farblosen Figuren und in der Handlung selbst. Alles in allem kein schlechter Film. Aber auch keiner, der sich innerhalb seines Genres besonders absetzt.

GREEN ROOM ist seit dem 07.10.2016 auf DVD und Blu-Ray im Handel erhältlich.

von Jörg Gottschling

Bewertung:
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Quelle: Pressematerial Universum Film 2016

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