Alice im Wunderland 2
Kinokritik,  Kritiken

ALICE IM WUNDERLAND: HINTER DEN SPIEGELN (2016)

Hutlos & verloren auf dem Meer der Zeit

Mit ALICE IM WUNDERLAND: HINTER DEN SPIEGELN erscheint ein weiterer Märchen-Realfilm aus dem Hause Disney auf der großen Leinwand. Kunterbunt und voll von bizarrer Figuren geht es einmal mehr in eine völlig verrückte Welt, die keinen irdischen Gesetzen unterworfen ist – nur die Zeit scheint eine feste Konstante zu sein. Doch eben jene gilt es diesmal gleich auf mehrere Ebenen zu überwinden…

INHALT:

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Es sind wieder einige Jahre seit Alice (Mia Wasikowska) Besuch im Wunderland vergangen. Als stolze Schiffskapitänin reiste sie über die sieben Weltmeere. Nun zurück in London steht sie vor einer weiteren wichtigen Entscheidung: Soll sie die „Wonder“, das Schiff ihres Vaters, verkaufen und damit ihren Lebenstraum aufgeben?

Während dessen versinkt der Hutmacher (Johnny Depp) in eine tiefe Depression. Jahrelang glaubte er, dass seine Familie vom Jabberwocky getötet wurde. Nun hat er genau daran aber seine Zweifel, weiß sich aber auch keinen Rat, seine Vermutung zu bestätigen. Die weiße Königin (Anne Hathaway) schickt deswegen Absolem (Alan Rickman) zu Alice, um sie zurück in die fantastische Welt zu bringen. Die Reise nimmt sie nur allzu gerne an.

Hier steht sie vor einer schwierigen Herausforderung: Wie soll schließlich eine tote Familie wieder zum Leben erweckt werden? Die Antwort liegt in der Vergangenheit. Deswegen stiehlt sie die Chronosphäre von der Zeit (Sasha Baron Cohen) höchst selbst und reist über das Meer der Zeit zurück in Vergangenheit, um den Tod der Familie des Hutmachers zu verhindern und die wahren Hintergründe über die böswillige Ader der roten Königin (Helena Bonham Carter) zu erfahren…

FAZIT:

War ALICE IM WUNDERLAND (2010) noch von epischer Tragweite, verliert sich ALICE IM WUNDERLAND: HINTER DEN SPIEGELN von Regisseur James Bobin (MUPPETS; 2011/ MUPPETS: MOST WANTED; 2014) in der Zeit und weiß dabei nicht so recht, wo der Film auf diesem widrigen Meer aus Erinnerungen überhaupt hinsteuern möchte. Ohnehin nimmt die repetierende Reise auf dem Meer der Zeit gefühlt die Hälfte des Films ein. Zwischendrin springt die Handlung zwischen den Zeiten hin und her ohne sich selbst groß zu erklären. Überhaupt hält sich ALICE IM WUNDERLAND: HINTER DEN SPIEGELN höchstens in Ansätzen an den zweiten Teil der Romanreihe von Leiws Carrol.

Die Story von Drehbuchautorin Linda Woolverton (KÖNIG DER LÖWEN; 1994/ DIE SCHÖNE UND DAS BIEST; 1991) ist flach und wirkt sehr unmutig. Klar, ist es mal interessant, zu erfahren, warum die rote Königin eigentlich so einen riesen Dickschädel bekam und wie das Wunderland noch vor ihrer Schreckensherrschaft ausgesehen hat. Und natürlich ist es auch so mal wieder schön, in diese Welt zurückzukehren und die ganzen Figuren wiederzusehen. Aber schon der erste Teil verschenkte von der Story her eine Menge Chancen. ALICE IM WUNDERLAND: HINTER DEN SPIEGELN macht dagegen noch nicht mal den Anschein irgendwelche Chancen nutzen zu wollen.

Unspektakulär und voller Lücken, die auf ihre Erklärungen warten wollen, endet Alice Reise diesmal nicht mit einem epischen Drachenkampf und der Rettung der Welt. Vielmehr ist ALICE IM WUNDERLAND: HINTER DEN SPIEGELN ein fantastischer Road-Movie, der seinen schaurigen Charakter, den Tim Burton noch im ersten Teil aufgebaut hat, einbüßt. Diese Casualisierung der Story birgt mit sich, dass Teil zwei noch familienfreundlicher ist. Was widerum bedeutet, dass der Slapstick sogar noch offensiver gefröhnt wird. Diese alberene Note, beispielsweise, wenn die Zeit nicht durch den Türrahmen passt, mag zwar Kindern gefallen, fällt jedoch damit auch aus dem Rahmen des erwachseneren Kontextes, der im ersten Teil noch eingeführt wurde.

Für eine Zeitreise-Geschichte ist ALICE IM WUNDERLAND: HINTER DEN SPIEGELN obendrein viel zu linear. Dies liegt vor allem in der Logik der Story selbst begründet. So vermeidet man das Zeitreise-Paradoxon, das jeden ZURÜCK IN DIE ZUKUNFT-Analytiker in den Wahnsinn treibt. Vielmehr wird mehrmals immer wieder erklärt, dass man die Vergangenheit nicht ändern, sondern nur von ihr lernen könne. Was dennoch passiert, wenn man die Vergangenheit ändern möchte, muss die rote Königin am eigenen Leibe spüren – aber mehr sei an dieser Stelle jetzt nicht verraten.

Stattdessen durch eine intelligente-verstrickte Story, die man sonst in Zeitreisefilmen erhält, soll der Zuschauer von den Effekten eingefangen, ja regelrecht erschlagen werden. Diese können sich tatsächlich sehen lassen. Allerdings hat man sich am Meer der Zeit bald satt gesehen und auch die schönen Schlösser, märchenhaften Stadtkulissen und zauberhaften Wälder wirken zwar schön, aber nicht sonderlich innovativ.

Johnny Depp ist wie immer der verwirrte Paradiesvogel, Sasha Baron Cohen scheint die Rolle der Zeit auf den Leib geschrieben und zeigt gar am meisten Entwicklung in seiner Rolle. Und Helena Bonham Carter spielt mal wieder die impulsive Größenwahnsinnige. Mittendrin, wenn nicht gar im Zentrum von allen, steht Mia Wasikowska als Alice, die mal wieder die Realität verdrängt und sich in ein Märchenland flüchtet, in dem nicht minderwenige Probleme auf sie warten. Besonders viel mehr Tiefe, gegenüber dem ersten Teil, erhalten die Figuren dennoch nicht. Nichtsdestotrotz verkörpern alle Darsteller ihre Rollen glaubhaft. Aber die stereotypischen Figuren, die gefangen und verloren in ihren Untiefen sind, sind in diesem Film auch nicht das Hauptproblem – vielmehr ist die uninnovative und unmutige Handlung, die dieses Disney-Märchen austauchbar werden lässt.

ALICE IM WUNDERLAND: HINTER DEN SPIEGELN ist eine glattgebügelte Story mit soliden Effekten, die nicht verstanden hat, dass Probleme vermeiden, nicht unweigerlich auch bedeutet, dass man die Probleme gelöst hat. Das nächste Mal bitte mehr Mut und mehr Dunkelheit – oder einfach gar nicht mehr.

ALICE IM WUNDERLAND: HINTER DEN SPIEGELN startet am 26.05.2016 in den deutschen Kinos.

von Jörg Gottschling

Bewertung:
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Quelle: Pressematerial Disney 2016

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